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Ein paar Kratzer werfen den Störenfried nicht um

■ Rot-grüne Koalition in Düsseldorf muß sich mit SPD-Fraktionschef Klaus Matthiesen abfinden: Seine Wiederwahl gilt trotz vereinzelter Kritik als gesichert

Diesmal gibt es nicht einmal einen Gegenkandidaten. „Gegen den Klaus hat niemand eine Chance“, gesteht einer seiner Kritiker ein. Tatsächlich thront Klaus Matthiesen auf dem Stuhl des Fraktionsvorsitzenden unangefochtener denn je. Auch viele von jenen, die vor einem Jahr noch für seinen Gegenkandidaten, den heutigen Innenminister Franz-Josef Kniola, stimmten, gehören nun zu seinen Anhängern – und nicht allein aus politischer Sympathie.

Die wachsende Zustimmung rührt auch daher, daß der neue Chef seit seinem Amtsantritt selbst die ganz profanen Interessen der SPD-Abgeordneten weit besser durchzusetzen wußte als sein Vorgänger Friedhelm Farthmann. Daß unter ihm wieder langgediente Abgeordnete als Minister oder Regierungspräsidenten zum Zuge kamen, danken ihm jene, die ein tiefer Groll auf die von Regierungschef Johannes Rau gezielt geförderten sozialdemokratischen Ministerialbürokraten eint. Unter Matthiesen gilt die Fraktion wieder was – und das kommt gerade bei den Hinterbänklern gut an.

Auch des Chefs Einsatz im Kleinen registrieren sie dankbar. Etwa dann, wenn er 500 Mark zusätzlich für die Arbeitskreisvorsitzenden loseist, oder wenn er sich um die lokalen Probleme einzelner Abgeordneter kümmert. Da wird Matthiesens rüder Umgangston mit den Grünen in Kauf genommen. Für die rot-grüne Koalition dürfte es nach der erwarteten politischen Stärkung des SPD-Fraktionschefs weiter turbulent zugehen. Matthiesen wird jede Chance nutzen, um den Koalitionspartner seiner Partei vorzuführen – wie zuletzt beim Streit um die Steinkohlesubventionen, als er der Öffentlichkeit weiszumachen suchte, die Zukunft der Bergleute sei vor allem durch die Grünen bedroht. Hand in Hand mit CDU-Fraktionschef Helmut Linssen drosch Matthiesen auf die grüne Fraktionsspitze ein, weil die sich zierte, ohne einen Fraktionsbeschluß die Kohlehilfen des Landes in Höhe von 1,2 Milliarden Mark pro Jahr bis zum Jahr 2005 festzuschreiben. Dabei sind die Differenzen zwischen SPD, der IG Bergbau und Energie sowie den Grünen in dieser Frage im Vergleich zum Dissens mit der Bundesregierung oder der Düsseldorfer CDU marginal.

Zwar stieß bei einigen SPD-Abgeordneten Matthiesens Grünen- Schelte auf Kritik, inhaltlich teilen die meisten Sozis sogar die Position ihres Arbeitsministers Axel Horstmann, der die CDU-Pläne als „verheerend für den Bergbau und verhängnisvoll für NRW“ charakterisiert hatte. Doch insgesamt macht der Fraktionschef mit seinen „polemischen Ausfällen“, so die Juso-Landesvorsitzende Svenja Schulze, eher Pluspunkte.

Ungemütlich wurde es für ihn erst, als er im Sommer in einem Zeitungsgespräch über Raus Nachfolge orakelte. „Klaus, wir sind einfach empört“, schrieb daraufhin der Unterbezirksvorsitzende aus dem Bergischen Kreis, Friedhelm Beucher, nach Düsseldorf. Und der Vorsitzende der NRW-SPD-Landesgruppe im Bonner Bundestag, Adolf Ostertag, befand die von Matthiesen angestoßene Diskussion als so „überflüssig wie ein Kropf“. Trotzdem wird er über 80 Prozent Zustimmung bei der morgigen Wahl erhalten, auch wenn manchem bei der Zustimmung „unwohl“ sei, wie ein SPD-Abgeordneter beteuert.

Die rot-grüne Koalition steht deshalb zwar nicht zur Disposition, aber immerhin weiteres Ungemach für die Krisenkoalition. Zumal eine starke Minderheit in der bündnisgrünen Landtagsfraktion um den Fraktionsgeschäftsführer Manfred Busch ebenfalls keine Gelegenheit ausläßt, grüne Profilierungsgefechte im Stile Matthiesens zu inszenieren – Streitereien, die nach Meinungsumfragen zu einem verheerenden Ansehensverlust – minus 20 Prozent – der Regierung in den letzten Monaten geführt haben. Nur noch 18 Prozent sind mit der Koalition einverstanden: Ein Absturz, der die Parteienpräferenz indes bisher nicht zu erschüttern vermochte. Nach wie vor erklärt jeder Zehnte, die Grünen wählen zu wollen. Auch die Zustimmung der SPD liegt stabil bei etwa 45 Prozent.

Matthiesens Vorgänger Friedhelm Farthmann, der als einer der wenigen in der SPD gegen die Koalition mit den Grünen votiert hatte, fühlte sich kürzlich bei einer Diskussion mit dem grünen Fraktionssprecher Roland Appel in Hagen auf ganzer Linie bestätigt: „Bei dieser Koalition konnte es nur Verlierer geben.“ Fatal sei, daß die Koalitionäre mit ihrer „Quengelei“ dabei auch einer rot-grünen Perspektive in Bonn „mehr geschadet als genutzt“ hätten.

Das sieht Appel zwar nicht so düster, aber vom Quengeln hat er ebenso die Nase voll: „Laßt uns lieber zusammen arbeiten, als diesen Terz zu machen.“

Ob der Appell von Hagen fruchtet, wird sich demnächst während der Haushaltsberatungen erweisen. Dann sitzen Appel und Matthiesen wieder an einem Tisch. Walter Jakobs

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