■ Dokumentation
: Die Wehrmachts-Ausstellung gehört ins Rathaus

Im Mai nächsten Jahres soll in der Unteren Rathaushalle die Ausstellung „Vernichtungskrieg – Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944“ des Hamburger „Instituts für Sozialforschung“ gezeigt werden. Diese Planung wird nun von der Bremer CDU in Frage gestellt. Am vergangenen Freitag hat der christdemokratische Landesvorstand getagt. Das Ergebnis, so der CDU-Landeschef Bernd Neumann: „Wir werden die Ausstellung an dieser Stelle verhindern.“

In den nächsten Tagen wird sich entscheiden, ob sich die CDU mit ihrer Auffassung in der Stadt durchsetzen wird. Das wollen wir verhindern. Deshalb melden wir uns jetzt zu Wort.

Fast alle deutschen Männer haben während des zweiten Weltkrieges in der Wehrmacht gedient. Genau darum ist auch die Auseinandersetzung eine Angelegenheit der ganzen Gesellschaft, die ihren Ort in der Mitte der Stadt haben sollte.

Hinter der CDU-Position steckt eine unsägliche Tradition der Verdrängung.

Es seien nicht alle gleich schuldig geworden, argumentiert die CDU. Das ist wahr. Aber genauso wahr ist, daß nicht alle gleich unschuldig gewesen sind. Es gibt keine Wahrheit über die Zeit des Nationalsozialismus, die nicht irgendwem weh tut. Selbstverständlich ist es für ehemalige Wehrmachts-Soldaten und ihre Angehörigen schwer, sich mit den Verbrechen der Wehrmacht auseinanderzusetzen. Dieser Schmerz ist aber nicht zu vermeiden. Erst hinter diesem Schmerz beginnt die Auseinandersetzung mit der historischen Wahrheit. In was für einer Welt leben die Verantwortlichen der CDU, wenn ihnen die Rücksicht auf die Hinterbliebenen der deutschen Soldaten zum einzigen Maßstab wird. Kein Wort fällt über die ungezählten wehrlosen Opfer der Wehrmacht.

Der historischen Wahrheit näherzukommen ist Ziel der Ausstellung und Ziel der Veranstaltungen um die Ausstellung herum. Wer diese Auseinandersetzung aus dem Zentrum der Stadt verbannen will, stellt sich und am Ende die Stadt in die Tradition der Leugner und Verdränger.

„Das Rathaus ist das Haus aller Bürger“, sagt CDU-Chef Neumann. Eben.

UnterzeichnerInnen: Robert Bücking, Ortsamtsleiter; Elke Heyduck, Marc Gärtner, Michael Harre, Beate Hinkel, Ralf Lorenzen, alle Kulturzentrum Schlachthof; Marieluise Beck, Bundestagsabgeordnete Die Grünen; Hans-Georg Isenberg, Erwachsenenbildner; Jürgen Schmidt, Personalrat; Heiner Schilling, HBV-Sekretär; Helga Ziegert, Bremer DGB-Vorsitzende; Waldemar Klischies, Rechtsanwalt; Ute Schalz-Laurenze, Musikjournalistin; Konrad Kunick, Bundestagsabgeordneter SPD; Martin Prange, SPD-Ortsvereins-Vorstand Buntentor; Ewald Hanstein, Bremer Landesvorstand der deutschen Sinti und Roma; Ralf Fücks, Geschäftsführer der Heinrich-Böll-Stiftung; Jürgen Maly, SPD-Landesvorstandsmitglied und Ortsvereinsvorsitzender Buntentor; Lore Kleinert, Redakteurin „Journal am Morgen“; Renate Heitmann, Bremer Shakespeare Company; Brigitte Schulte-Hofkrüger, Projektgruppe Neue Musik; Gisela Hülsbergen, SPD-MdBBÜ und ÖTV-Vorsitzende Bremen; Heinz Wenke, SPD-MdBBÜ, stellvertr. AfA-Landesvorsitzender; Ulrike Hövelmann, SPD-MdBBÜ, Vorstandsmitglied UB Stadt; Carsten Sieling, SPD-MdBBÜ und Landesvorstandsmitglied; Jens Böhrnsen, SPD-MdBBÜ, Vorsitzender SPD-Unterbezirk Bremen-Nord; Horst Isola, Hermann Kleen, Edith Wangenheim, Evi Lemke-Schulte, Carmen Emigholz, Barbara Wulff, Detmar Leo, Edith Wilts, Frank Schildt, Waltraud Hammerström, Werner Krone, Cornelia Wiedemeyer, Sabine Uhl, Wilfried Töpfer, Elke Steinhöfel, alle SPD-MdBBÜ; Lars Jeschke, Vors. Jusos-UB Stadt; E.O. Krüger, Doris Funk, Herbert Kirchhoff, Renate Möbius, Karin Markus, Linda Warnken, Wolfgang Gachmann, Gerd Fischer, alle SPD-Deputierte; Luise Morgenthal, SPD-Parlamentsreferentin; Detlev Albers, SPD-Landesvorsitzender; Karin Röpke, Geschäftsführerin der SPD-Bürgerschaftsfraktion; Bertram Zwanziger, SPD-Landesdelegierter; Wolfgang Grotheer, Vorsitzender SPD-Unterbezirk Stadt; Karoline Linnert, MdBBÜ, Fraktionssprecherin Bündnis 90/Die Grünen; Hermann Kuhn, MdBBÜ Bündnis 90/Die Grünen, Vizepräsident der Bürgerschaft; Arendt Hindricksen, MdBBÜ Bündnis 90/Die Grünen; Martin Thomas, MdBBÜ Bündnis 90/Die Grünen; Dr. Adelheid Hirsch; Susanne Paas, Bündnis 90/Die Grünen, Sprecherin Beirat Mitte; Cecilie Eckler-von Gleich, Landesvorstandsprecherin Bündnis 90/Die Grünen; Dr. Hartmut Müller, Leiter des Staatsarchivs; Dr. Wolfgang Schlott, Forschungsstelle Osteuropa; Axel Adamietz; Jochen Grabler, Kerstin Schneider, Joachim Fahrun, alle taz-Redakteure;