: Zum Totlachen
■ Seit zwei Jahrzehnten trotzt das Packhaus im Schnoor dem Theatertod und zeigt sich heute quicklebendig
„Sehen Sie mal, hier in diesem winzigen Büro spielt sich die ganze Verwaltung für das Packhaustheater ab. Und das mit Erfolg, seit 20 Jahren.“ Manfred Fluß, Ex-Finanzsenator (SPD) ist sichtlich stolz auf „sein“ Theater im Schnoor, für das er sich seit den Gründungstagen engagiert. 1976, als das Schnoor-Viertel saniert wurde, kamen einige Bremer Kulturbegeisterte auf die Idee, in einem der alten Packhäuser, in denen früher die Waren der Schiffe gelagert wurden, eine Spielstätte einzurichten. Ein Umbaukonzept des Architekten Gerhard Müller-Menckens und 3,6 Millionen Mark aus Lottomitteln machten aus den ehemaligen Lagerräumen das heutige Packhaustheater. Mit dabei auch von Anfang an die erfolgreiche und beliebte Puppenbühne „pips“, die seit Beginn der 90er als „Theatrium“ geführt wird.
Unter der Leitung von Günther Huster wurde das Packhaustheater im Schnoor 1976 eröffnet – mit dem Franz Xaver Kroetz Stück „Weitere Aussichten“. Mit der Premiere dieses provokanten Stückes zeigte man damals die Richtung an: Hier sollte experimentelles, zeitgenössisches Theater über die Bühne gehen. Schließlich wurde Günther Huster gerade dafür ins Packhaus geholt. Er hatte zuvor ein kleines Zimmertheater in der Schwachhauser Heerstraße, „in dem die jungen Bremer Gymnasiasten ihre ersten Erfahrungen mit Unesco, Beckett und Sartre machten“, erzählt Manfred Fluß. Als das „Theateroriginal“ in den Ruhestand ging, bewilligte die Kultur-Deputation ihm einen „Ehrensold“, denn Huster hatte sich zwar um das Theater, nicht aber um seine Alterssicherung gekümmert.
Auch sein Nachfolger Ernst Dietz hatte sich den zeitgenössischen, anspruchsvollen Stücken verschrieben. Bis 1980 standen Ibsen, Dürrenmatt, Handke und Kohout auf dem Programm. Doch dann kam alles ganz anders. 1981 war das Jahr der ersten Theaterkrise. Damals, wie heute, gab es einen Kampf gegen den „Theatertod“. Die Subventionen für die kleinen Spielstätten wurden gekürzt oder gar ganz gestrichen. Das Packhaustheater – es verfügte immerhin über einen Etat von mehr als 500.000 Mark und ein festes Ensemble - stand „über Nacht“ ohne Zuschüsse da.
Da traten Bremens höchste Kulturbeamte auf den Plan. Behördenvertreter - und Deputationsmitglieder gründeten einen Trägerverein zur Rettung des kleinen Theaters. „Wir waren so was wie ein staatlicher Verein, der das Theater mit 50.000 Mark aus öffentlichen Mitteln am Leben hielt“, erinnert sich Fluß.
Als Ulrich Nölle neuer Sparkassendirektor wurde, angelte sich der Verein den damals Parteilosen als Schatzmeister und Vorstandsmitglied.
Aber weil Kunst nicht ohne Brot gehe, habe man sich entschlossen, das Programm zu verändern. Zwar standen noch Stücke von Vilar und Achternbusch auf dem Spielplan, doch versetzt wurde das Ganze mit Musical- und Kabarett-Abenden sowie Boulevardstücken. Als Andrea Krauledat 1989 ans Packhaustheater kam, habe sie einen „Gemischtwarenhandel“ vorgefunden, so die Leiterin. Mit ihrem Ehemann, dem Schauspieler und Regisseur Michael Derda, wollte sie dem kleinen Theater im Schnoor zu einem klaren Profil verhelfen. Seitdem ist das Theater für seine Eigenproduktionen (“Butterbrot“, „Liebe, Sex und Therapie“) bekannt sowie für ausgesuchte Kabarettgruppen. Ebenfalls eingeschlagen hat die Idee, das Haus im Sommer zu öffnen. Das „Sommertheater“ zieht jährlich mehr als 8.000 ZuschauerInnen an. Gerade die Eigenproduktionen sind immer ausverkauft, so Krauledat. 200.000 Mark erhält das Theater heute als staatliche Subvention. „Da muß ich Stücke auch danach aussuchen, was beim Publikum ankommt“, erklärt Krauledat. Allein „Hochgeistiges“ zu bringen rechne sich da nicht. „Trotzdem achte ich auf Niveau und intelligenten Humor bei der Auswahl.“ Dem Bremer Publikum gefällt–s. Beate Hoffmann
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