: Das Rück- wirkungsverbot
„Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.“ So heißt es in Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes. Auch Paragraph 1 des Strafgesetzbuches enthält diesen fundamentalen Rechtssatz. Kurzgefaßt sagt er: Keine Strafe ohne Gesetz (nulla poena sine lege). Um die Frage, ob trotz dieses Verbots eine Bestrafung der Mitglieder des Nationalen Verteidigungsrats und der Mauerschützen möglich ist, kreisten schon die bisherigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. Dürfen danach diese Personen heute bestraft werden, obwohl ihr damaliges Verhalten vom Grenzgesetz gedeckt war?
Zur nachträglichen Bestrafung unter Durchbrechung des Rückwirkungsverbots äußerte sich 1946 angesichts der nationalsozialistischen Verbrechen der Rechtstheoretiker Gustav Radbruch. Eine Bestrafung sei dann möglich, urteilte Radbruch, wenn das Recht zur Gerechtigkeit in einem unerträglichen Widerspruch steht. Diesem Gedanken folgte nun auch das Bundesverfassungsgericht.
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