: Rufschädigung – extern und hopp
Universitäts-Gutachten empört Theologen und Sportwissenschaftler ■ Von Karin Flothmann
Sie wüteten „wie die Wildsau im Weinberg des Herrn“ – das zumindest ist die Einschätzung von Altsprachler Heimo Reinitzer. Gemeint hat er mit der drastischen Schelte die Gutachter einer externen Beratungskommission, die derzeit überprüfen, wie an Hamburgs Universität am besten gespart werden kann. Nach Vorgaben des Hamburger Senats muß die Uni künftig jede zweite freiwerdende Stelle kappen. Doch wo soll vor allem gestrichen werden?
Die Gutachter wußten eine Lösung: Den evangelischen Theologen und den Sportwissenschaftlern bescheinigten sie, ihre Qualität bei der Lehre lasse ziemlich zu wünschen übrig. In ihrem Zwischenbericht zogen sie daraus Konsequenzen: Beide Fachbereiche müßten gehörig abspecken. Die Diplomausbildung bei den Sportlern sollte eingestellt werden; künftige Sportleher könnten auch bei den Erziehungswissenschaftlern ausgebildet werden. Große Teile der evangelischen Theologie sollten künftig bei den Geschichtswissenschaften eine neue Heimat finden; und die Missionsakademie der Theologen könnte man gleich schließen.
„Für uns bedeutet diese Kommission schon heute eine enorme Rufschädigung“, empörte sich gestern der Sprecher des Fachbereichs Theologie, Hermann Spie-ckermann. Begutachtet wurde sein Fachbereich von einem, der nicht vom Fach kam. Schon das allein sorgt bei den Evangelen für skeptisches Stirnrunzeln. „Natürlich haben auch wir unsere Schwächen“, so Spieckermann, aber das dürfe doch nicht zu solch einer „unfairen“ Aburteilung führen.
Auch bei den Sportwissenschaftlern stößt der Zwischenbericht der Gutachter auf wenig Gegenliebe. „Professoren und Dozenten“, so heißt es dort, seien „zu einer wissenschaftlichen Ausbildung der Studierenden derzeit nicht in der Lage“. Kein Wunder, meint da der Sprecher des sportlichen Fachbereichs, Peter Weinberg, das liege an den massiven Stellenstreichungen. Den Gutachtern wirft Weinberg ein „puristisches Vorgehen“ auf der verzweifelten Suche nach Einsparungen vor. Weinberg: „Nehmen Sie eine Herzchirurgie und streichen Sie die Stelle des Chirurgen. Anschließend können Sie der Krankenschwester doch auch nicht vorwerfen, sie habe die Operation verbockt.“
Inzwischen hat Uni-Präsident Jürgen Lüthje den aufgescheuchten Theologen und Sportlern längst signalisiert, daß von Schließungen keine Rede mehr sei. Auch die fachliche Qualität einzelner Fachbereiche werde nicht mehr in Zweifel gezogen, weiß Theologe Spieckermann. Skeptisch bleibt er dennoch. Denn niemand weiß, welche Empfehlungen der Abschlußbericht der Experten enthalten wird. Am 30. November tritt die Runde der Gutachter noch einmal zusammen. Ihren Bericht werden sie der Universität als Weihnachtsgabe präsentieren.
So lange wollen Hamburgs StudentInnen jedoch nicht warten. Der AStA läd schon für heute zur außerordentlichen Vollversammlung ein. „Es ist fünf vor 12“, lautet die studentische Prognose. Daher trifft man sich pünktlich um 11.55 Uhr im Audimax.
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