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Null Infos vom Parteitag

■ Frühere SPD-Bürgerschaftsabgeordnete wegen Stasi-Mitarbeit vor Gericht

Die ehemalige Bürgerschaftsabgeordnete Ruth Polte, 65, muß sich seit gestern wegen geheimdienstlicher Tätigkeit vor dem Oberlandesgericht verantworten. Die Rentnerin, die im Büro der Hamburger SPD-Bundestagsabgeordneten auch für Hans Apel, Helmut Schmidt und Herbert Wehner tätig war, soll von 1960 bis 1989 für die Staatssicherheit der DDR gearbeitet und dafür 50.000 Mark erhalten haben.

Die in Sachsen aufgewachsene Polte wollte als Studentin „den Sozialismus menschlicher gestalten“, sagte sie zum Prozeßauftakt. Ende der 50er Jahre saß sie in der Ex-DDR im Zuchthaus, da sie beschuldigt wurde, „die Regierung Ulbricht stürzen zu wollen“, sagte Polte. In der Haft habe sie begriffen, was es heißt, einem System auf „Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein“. Nach der Entlassung sei sie ein „gebrochener Mensch“ gewesen und habe sich überreden lassen, im Westen für die Stasi zu spionieren.

In Hamburg hatte sie fast 30 Jahre unter dem Decknamen „Blumenfeld“ Informationen an die DDR weitergegeben. Ihre Kontaktperson war zunächst der Vater des SPD-Mitglieds Kurt Wand, später eine bislang unbekannte Frau namens Ilona. Kurt Wand war 1993 zur gleichen Zeit wie Polte als Stasi-Informant entlarvt worden. Seine Lebensgefährtin, die damalige Stadtentwicklungs- und Frauensenatorin Traute Müller, war daraufhin zurückgetreten. Der Stasi hatte Polte vor allem Parteitagsprotokolle der Hamburger SPD geliefert. Der Informationswert der Protokolle habe allerdings „gen Null tendiert“, erläuterte ein Ex-Führungsoffizier als Zeuge. Der Prozeß wird heute fortgesetzt. lno

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