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Tutsi-Rebellen vertreiben die Hutu-Milizen

■ Rund fünfhunderttausend ruandische Flüchtlinge kehren in ihre Heimat zurück. Tutsi-Rebellen stellen Bedingungen für den Einsatz der internationalen Schutztruppe

Goma (taz) — Hunderttausende Hutu-Flüchtlinge ziehen im ostzairischen Goma über die Grenze nach Ruanda. Nach der Flucht der Hutu-Milizen deutet sich damit eine Wende in Ostzaire an. Eine Intervention der internationalen Staatengemeinmschaft könnte damit überflüssig werden.

„Als die Kämpfe gestern morgen losgingen, ist ein Teil von uns Richtung Sake nach Westen geflohen, als es dann ruhig wurde, sind wir zurückgegangen. Wir merkten, daß die Milizen nicht mehr in den Lagern waren." Der 26-jährige trägt nur ein Leinenbündel auf dem Kopf, sieht erschöpft aus, gehört aber zu den Gesunden, die am Grenzübergang „petite barri‘ere" zwischen Zaire und Ruanda ankommen. Zehntausende von Menschen folgen ihm. Vor allemn Frauen und Kinder stehen am Rande des Zusammenbruchs. Sie haben tagelang nichts zu essen bekommen. Sie gehören zu den ersten von 500.000 ruandischen Hutu-Flüchtlingen, die bis Donnerstag im Camp Mugunga, westlich von Goma, von den für das Genozid in Ruanda verantwortlichen Hutu-Milizen an der Rückkehr nach Ruanda gehindert wurden.

Die Tutsi-Rebellen der Banyamulenge, die Goma und einen Teil der zairischen Provinzen Nord- und Südkivu besetzt halten, hatten am Donnerstag das Camp Mugunga angegriffen. Die Hutu- Milizen wurden dabei nach schweren Gefechten, in dem auch Mörser und Raketen eingesetzt wurden, Richtung Westen vertrieben. Laut UN-Flüchtlingshilfswerk soll das Flüchtlingscamp Munguga jetzt verlassen sein. Zwei Wochen verlief hier die Frontlinie zwischen zairischen Tutsi-Rebellen und ruandischen Hutu-Milizen.

Acht Zivilisten untersuchen an der Grenze die Taschen der Menschen nach Waffen. Hutu-Milizen könnten sich unter die Zivilisten gemengt haben. Denn nicht nur Frauen, Kinder und alte Leute, sondern auch junge Männer sind unter den Flüchtlingen. Sie berichten von Hunderten von Toten, die an Krankheiten und Erschöpfung in den letzten Tagen gestorben seien. „Viele sind auf der Strecke geblieben und am Wegesrand gestorben," sagt auch Samanta Wilson von der Organisation „Ärzte ohne Grenzen". Die Flüchtlinge werden jetzt in ein Übergangscamp des UNHCR gebracht, um später in ihre Heimatgemeinden in Ruanda zurückkehren zu können.

Hilfsorganisationen war es nach komplizierten Verhandlungen mit der „New Leadership“, Tutsi-Rebellenführer Long Kabile und dem regionalen Chef Andre Kissasse Ngandu gelungen, Lebensmittel und Medikamente nach Goma zu bringen. Die Rebellenführer machten gleich ihre Machtposition gleich deutlich. „Es geht nicht, Truppen zu schicken, ohne mit mir vorher zu verhandeln,“ erklärte „Commandante“ Kabile. Er werde den Flughafen von Goma nur öffnen, wenn die Schutztruppe neutral sei und die Hutu-Milizen von den Flüchtlingen trenne. Caroline Schmidt-Gross

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