: Dritte Stufe wird Endstation für Pflegedienste
■ Die Gesundheitsreform bringt die häuslichen Pflegestationen in Existenznöte
Mit den Plänen zur dritten Stufe der Gesundheitsreform droht den Sozialstationen und häuslichen Krankenpflegen die Schließung. Ursache ist die vorgesehene Regelung, die Erstattung ambulanter Pflegeleistungen nicht mehr im Gesetz zu verankern, sondern den Krankenkassen als disponible Gestaltungsleistung zu überlassen. Für die Kassen bedeutet dies, daß sie zwar häusliche Plege bezahlen können, dazu aber nicht verpflichtet sind.
Das Gesetz gibt wenig Anreiz, häusliche Pflege weiter anzubieten: Weder dürfen die Kassen deshalb Beiträge erhöhen, noch wird hier der sogenannte Risikostrukturausgleich wirksam. Die ambulanten Pflegestationen brauchen nur eins und eins zusammenzuzählen: In Zukunft werden die gesetzlichen Krankenkassen die von ihnen angebotene Pflege nicht mehr erstatten. Noch brisanter wird die Situation der Hauptstadt-Hauskrankenpflege, da die Kassen bereits zum 1. Januar 1997 sämtliche Rahmenverträge gekündigt haben. Für eine Leistungsabrechnung fehlt daher ab dem kommenden Jahr jegliche Grundlage.
„Allein in Berlin sind damit 15.000 Arbeitsplätze, die zum Großteil von Frauen besetzt werden, akut bedroht“, warnt Günter Meyer, Vorstandsmitglied des Berufsverbandes freiberuflicher Krankenpflege Berlin-Brandenburg (BFK). Das Gesetz konterkariere zugleich die gesundheitspolitischen Grundsätze „Bettenabbau“ und „Wirtschaftlichkeit“: Sobald die – billigere – häusliche Pflege nicht mehr erstattet werde, sei ein verstärktes Ausweichen auf die um 25 Prozent teureren Klinikaufenthalte unvermeidlich. Die Pflegeversicherung allein, so Meyer, könne die ambulanten Pflegestationen nicht finanzieren. Ein Großteil der Patienten würde dafür im Einstufungsverfahren der Kassen von vornherein nicht zugelassen. „Uns erreichen in der Kammer etliche Beschwerden von Patienten und Hausärzten, daß bei der Begutachtung durch die Ärzte der Krankenkassen nicht wirklich bedarfsbezogen, sondern ausgabenbezogen begutachtet würde“, bestätigt Eva Müller-Dannecker von der Berliner Ärztekammer.
Rolf Müller von der AOK Berlin dagegen verteidigt die Reformpläne der Regierungskoalition. Gerade in der Hauptstadt habe die häusliche Krankenpflege durch „überdurchschnittlich hohe Kosten, Entgeltregelungen und Versorgungsdichten Unsummen verschlungen. Die Berliner AOK muß deshalb im Vergleich zum Bundesdurchschnitt fast das Doppelte aufwenden“, meint Müller. Auch „das Märchen von der Überalterung Berlins“ könne nicht darüber hinwegtäuschen, daß nun „wirtschaftlichere Alternativen“ gewählt werden müßten.
Daß das geplante „zustimmungsfreie Gesetzespaket“ der Regierungskoalition tatsächlich einen „wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung und Überwindung der Beschäftigungsprobleme“ wird leisten können, bezweifeln nicht nur Pflegedienstler. Bernd Köppl (Bündnis 90/Die Grünen) gibt zu bedenken, daß die häusliche Krankenpflege die Kliniken bereits deutlich entlastet habe. Die neuesten Seehoferschen Reformen, so der Bündnisgrüne, setzten am falschen Ende an und begünstigten statt dessen über Gebühr Pharmaindustrie und Zahnärzte, „die ohnehin im Gesundheitswesen die größten Profite einfahren“. Eva Behrendt
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