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Der Acker liegt nicht fern von Haus und Topf

■ Frauen berieten die Voraussetzungen für eine weltweite Nahrungssicherung

Rom (taz) – „Auf dem Ernährungsgipfel sprechen dieselben Leute über Ernährungssicherheit, die den Nahrungsmangel zuallererst geschaffen haben“, empörte sich Vandana Shiva, Trägerin des alternativen Nobelpreises, am Freitag in Rom. Frauen aus aller Welt diskutierten auf einem von den Ökofeministinnen Maria Mies und Farida Akther aus Bangladesch organisierten „Frauentag zur Nahrungsfrage“, warum Hunderte von Millionen Menschen im Süden hungern und im Norden zu ZwangskonsumentInnen einer Industrienahrung geworden sind – und was dagegen zu tun sei. Einig waren sich Forscherinnen und Aktivistinnen aus allen Weltregionen darin, daß der globale Freihandel mit Agrargütern und die Anbaumethode „Monokultur plus Gift“ das Problem nicht lösen können. Auch gentechnisch veränderte Nutzpflanzen und -tiere stießen auf geschlossene Ablehnung. „Wir müssen die gesamte Ökonomie neu berechnen“, schlug die italienische Wirtschaftswissenschaftlerin Antonella Picchio vor. Die destruktive Ökonomie, die niemand auf der FAO-Konferenz in Frage gestellt habe, sei ungeeignet, Nahrung für alle sicherzustellen.

Als Gegenkonzept formulierten die Frauen Subsistenzorientierung. Die solle aber nicht darauf hinauslaufen, daß sich alle einen Acker zulegen und Rüben hacken sollen, wie häufig unterstellt werde, hieß es. Vielmehr solle die verantwortlungslose Anonymität des globalen Freihandels langfristig durch lokale und regionale Selbstversorgung ersetzt werden. Was das konkret heißt, erzählten mehrere Bäuerinnen. Eine deutsche Biolandwirtin plädierte für den direkten Kontakt zwischen Produzenten und Konsumenten durch Direktvermarktung. Dies sei auch eine „Selbstschutzmaßnahme“ für die KäuferInnen, die sicher sein könnten, weder BSE- Fleisch noch Gensoja auf den Teller zu bekommen. Eine Frau aus Simbabwe berichtete über einen Tauschring für Grundnahrungsmittel, den sie mitaufgebaut hat. Statt die angebauten Nahrungsmittel auf den Markt zu bringen und das so erwirtschaftete Geld den Männern auszuhändigen, handeln die Frauen dort unmittelbar miteinander. Auch der teure Importreis kommt dort nicht mehr in die Töpfe und wird statt dessen durch heimisches Getreide ersetzt.

Die Leute sollen sich von dem ernähren, was in ihrer Region wächst, lautet die Konsequenz all dieser Projekte. Erdbeeren im Dezember kommen in Deutschland dann allenfalls aus dem Weckglas. Hanna Lauterbach

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