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Ferien für die Parteiischen

Portos Präsident Pinto da Costa scheint nicht der einzige Fußballfunktionär zu sein, der in Portugals Schiedsrichter-Bestechungsaffäre verwickelt ist  ■ Von Theo Pischke

Lissabon (taz) – Für Carlos Carlheiros war es eine richtig exotische Urlaubsreise. Zehn Tage Brasilien mit Frau und Tochter für 7.610 Mark. Am schönsten für den Schiedsrichter: Nicht er bezahlte den Trip, sondern der FC Porto. Als ihm Journalisten die Rechnung des Reisebüros „Cosmos“ – ausgestellt auf den Fußballklub – unter die Nase hielten, sprach Carlheiros zunächst von einem Irrtum; er selbst habe die Reise bezahlt. Und der Vereinsvorstand assistierte dem Unparteiischen: Carlheiros habe den FC Porto gebeten, ihm bei „Cosmos“ einen „Spezialpreis“ zu vermitteln.

Das Reisebüro, dessen Mehrheitsgesellschafter der Bruder von Portos Trainer ist, organisiert alle Reisen des portugiesischen Fußballmeisters. Carlheiros habe das Geld später an den FC Porto zurückgezahlt, verlautbarte die Vereinsspitze. Das war gelogen. Angesichts der vorliegenden Rechnung räumte Carlheiros ein, daß er weder „Spezialpreis“ noch überhaupt irgend etwas für die Reise nach Rio bezahlt hat. Das will er jetzt nachholen – nachdem die Sache öffentlich ist.

Carlheiros ist kein Einzelfall. Schiedsrichter-Kollege José Guimaro steht derzeit vor Gericht – er ist wegen Korruption angeklagt. Vom Präsidenten des Clubs Leca, Manuel Rodrigues, soll der Unparteiische fürs parteiische Pfeifen insgesamt 20.000 Mark erhalten haben – in vier Raten von je 5.000 Mark. Zur Anklage kam es, nachdem bei einer polizeilichen Durchsuchung von Guimaros Haus eine Kopie eines der Schecks gefunden worden war.

Guimaro gab zwar zu, das Geld erhalten zu haben. Doch sei es bloß ein „Darlehen“ gewesen. Der Schiedsrichter verdient in seinem richtigen „Beruf“ als Fahrer einer Molkerei 950 Mark netto im Monat – normal für portugiesische Verhältnisse. Er erwarb aber in den vergangenen acht Jahren ein Landhaus und zwei Wohnungen in der Universitätsstadt Coimbra. Außerdem besitzt er Spareinlagen im Wert von 120.000 Mark. Das ist ein Reichtum, für den er bisher vor Gericht keine Erklärung hatte.

Ermittelt hat die Kriminalpolizei in jüngster Zeit gegen die Schiedsrichter Veiga Trigo, Marques da Silva, Soares Dias sowie gegen den pensionierten Schiri und ehemaligen Leiter von FIFA- Schiedsrichterkursen, Antonio Garrido. Auch der Ex-Präsident des Erstligisten Faro, Fernando Barata, wurde dreieinhalb Stunden lang von der Polizei vernommen. Barata beschuldigt den Präsidenten des FC Porto, Jorge Nuño Pinto da Costa, im April 1984 den Schiedsrichter des Spiels Porto – Aberdeen bestochen zu haben. Diese Halbfinalbegegnung im Europapokal der Pokalsieger wurde von dem Rumänen Ion Igna gepfiffen. Porto gewann 1:0. Barata, der sich seiner Kontakte nach Osteuropa rühmt, will damals Pinto da Costa und Igna zusammengebracht haben. Igna hat den Korruptionsvorwurf bestritten und erklärt: „Das Spiel war sauber.“ Barata, der Hotels an der Algarve- Küste und auf Madeira besitzt, hat zugegeben, Schiedsrichtern gefällig gewesen zu sein: „Es hat gar keinen Zweck, Namen zu nennen. Ich habe fast allen Ferien bezahlt.“

Der Sumpf scheint tief. Die portugiesische Spielervereinigung hat gar die Regierung gebeten, dem Fußball neue Regularien zu geben. Die UEFA hat den Verbandspräsidenten Gilberto Madail zum Rapport bestellt und um Aufklärung gebeten. Der FC Porto empfängt derweil morgen im Topspiel der Champions League den AC Mailand. Sein Präsident Pinto da Costa behauptet, es handele sich lediglich mal wieder um eine Schmutzkampagne der Medien.

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