: Untergang am Mittelmeer
■ In Monaco verspielte der HSV die Chance auf Ruhm und Geld
Das vorläufige Ende seiner Dienstreise an die Côte d'Azur hatte sich Felix Magath ganz anders vorgestellt: Während der Mistral feucht und heftig am Mannschaftsbus rüttelte, saß der Chefcoach kochend vor Wut auf seinem Platz in der ersten Reihe. Seine Gedanken kreisten um das Drama, das in der zweiten Halbzeit im Stadion „Louis II.“ abgelaufen war. 45 Minuten lang hatte es so ausgesehen, als ob der HSV beim Millionenspiel in Monaco die besseren Karten haben würde. Dem Starensemble und Lieblingsspielzeug von Landesvater Rainier III. gelang kaum ein Stich gegen die hanseatischen Fußball-Handwerker.
In der zweiten Hälfte jedoch wurde der HSV am Mittelmeer eiskalt erwischt: Der Sturmlauf der Monegassen wirbelte die Hanseaten völlig durcheinander. Durch das 0:1 von Anderson drei Minuten nach Wiederanpfiff verlor der HSV, völlig die Orientierung und agierte derart verunsichert, daß in der 70. Minute Ikpeba der gesamten HSV-Abwehr zeigen durfte, wie Monegassen Fußball tanzen, wofür er sich schließlich mit dem 2:0 selbst belohnte. „An sich hätten mir ein oder zwei Tore auch schon gereicht“, bekannte Monacos völlig verblüffter Trainer Jean Tigana später. Doch weil im Mini-Staat auch noch Nationalfeiertag war, ließ sich Verteidiger Patrick Blondeau nicht lumpen und legte 360 Sekunden später ganz einfach nach einer Ecke noch eins drauf.
Das war allerdings viel zuviel für Felix. „Ich hätte nach der ersten Halbzeit nie gedacht, daß wir hier noch so ein Debakel erleben würden“, resümierte der geschockte Chefcoach kurz nach dem Katastrophen-Kick. Vor allem die linke Abwehrseite „hat internationalen Ansprüchen in keinster Weise genügt“, suchte und fand der Trainer Sündenböcke in den Aushilfskräften Hubtschew und Hartmann, die für die verletzten Schnoor und Hollerbach einspringen mußten. Allerdings kann sich auch Magath selbst auf Gegenwind einstellen, denn letztlich hat er im Spielerparadies zu hoch gepokert und sein Team in der 2. Halbzeit mit einer viel zu offensiven Einstellung in eine Pleite getrieben, die im Rückspiel am 3. Dezember kaum noch auszubügeln sein wird.
Dienstlich dürfte es den HSV in dieser Saison wohl kaum noch einmal zu Abenteuerreisen ins Ausland treiben. Thomas Sanboll
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