piwik no script img

Mobutus feine Freunde

■ Der Krieg in Zaire zieht Kreise weit über Ruanda hinaus - bis hin zu Islamisten aus Sudan und Söldnern aus Südafrika

Brüssel (taz) – Der Bürgerkrieg in Zaire wirkt sich nicht nur auf Ruanda aus. Von Uganda über Burundi bis Angola reicht die Liste der betroffenen Nachbarstaaten. Es droht eine Ausweitung und Verknüpfung der verschiedenen Konfliktherde Zentralafrikas.

So sind nicht nur nach Ruanda, sondern auch nach Burundi Hutu- Flüchtlinge aus Zaire zurückgekehrt. Es handelt sich um mehrere zehntausend Menschen, die anders als die ruandischen Hutu in ihrer burundischen Heimat gar nicht willkommen sind. Nach Angaben aus Kirchenkreisen richtete die von Tutsi beherrschte burundische Armee schon am 1. November ein Massaker unter Flüchtlingen an. Nach Angaben von Burundis Regierung haben Kolonnen von Hutu-Guerillakämpfern ihre bisherigen Stützpunkte in Zaire verlassen und sich auf den Weg über den Norden Burundis nach Tansania gemacht, wo viele ruandische Hutu-Flüchtlinge leben. Auch FDD- Führer Leonard Nyangoma, der bisher in Zaire lebte, hat Asyl in Tansania gefunden. In Burundis Hauptstadt Bujumbura rufen radikale Tutsi-Gruppen schon zum Kampf gegen einen angeblich aus Tansania drohenden Angriff auf. Der burundische Hutu-Rebellensprecher Jerome Ndiho seinerseits sagt, die burundische Armee bereite Angriffe auf die Hutu-Flüchtlingslager in den tansanischen Provinzen Ngara und Kigoma vor.

Burundis Premierminister Firmin Ndimira äußert gegenüber der taz die Sorge, eine Bürgerkriegssituation wie in Zaire könnte sich nun auch in Tansania entwickeln. Denn in Tansania leben ebenfalls Hutu und Tutsi – hier befanden sich in vorkolonialer Zeit die drei Königreiche Bugufi, Buhangaza und Buha, die sich nie dem König von Burundi unterwarfen. Bisher lebten sie friedlich zusammen. Aber wenn Burundis Armee auf der Jagd nach Hutu-Rebellen die Grenze überschreitet, könnten sie zwischen die Fronten geraten.

Ein anderer Konfliktherd entwickelt sich an der Grenze von Zaire zu Uganda. Seit gut einem Jahrzehnt nutzen zairische Dschungelkämpfer Uganda als Basis für Angriffe in Zaire, während ugandische Rebellen, die Exdiktator Idi Amin nahestehen, aus Zaire heraus Uganda angreifen. Vergangene Woche jedoch drangen zairische Soldaten mit ruandischen Milizen und ugandischen Rebellen 30 Kilometer tief nach Uganda ein. Bei Gefechten mit Ugandas Armee starben 200 Menschen.

Die beteiligten ugandischen Rebellen gehören zur „Bewegung für Islamischen Wandel“, die vom islamistischen Militärregime des Sudan unterstützt wird. Sudan und Uganda unterstützen seit Jahren Rebellengruppen auf dem jeweils anderen Staatsgebiet. Sudans Islamisten waren auch als Hilfsorganisation in den ruandischen Hutu- Flüchtlingslagern in Zaire aktiv – mit Billigung der Regierung Zaires, die der Armee des Sudan auch erlaubt, sich im Kampf gegen die südsudanesische Guerilla SPLA auf zairisches Gebiet zurückzuziehen und sich in der nordostzairischen Stadt Bunia zu versorgen.

Die Verzahnung der Konflikte in Zaire, Uganda und Sudan macht es schwierig, sie einzeln zu lösen. Eine politische Gesamtlösung wird aber verkompliziert durch Entwicklungen am anderen Ende Zaires: in Angola, dessen Staatsgebiet zwischen der exkommunistischen Regierung und der Rebellenbewegung Unita geteilt ist.

Angolanische Unita-Generäle sollen jetzt der bedrängten zairischen Armee ihre Hilfe im Kampf gegen die zairischen Tutsi-Rebellen angeboten haben. Azevedo Kangange, Unita-Vertreter in Brüssel, verneint dies zwar, drückt aber gegenüber der taz seine Sorge aus, daß die zairischen Tutsi-Rebellen Unterstützung im Süden Zaires erhalten, der bisher der Unita als Rückzugsgebiet diente.

Das ist mehr als nur eine Hypothese. Zaires Rebellenchef Laurent Kabila stammt aus der zairischen Südprovinz Shaba – ebenso wie der Militärkommandant der angolanischen Provinz Lunda-Sul auf der anderen Seite der Grenze. Die angolanische Armee könnte in Versuchung geraten, den „Brüdern“ in Shaba zu Hilfe zu kommen, wenn diese sich erheben sollten. Nahe der Grenze sind bereits angolanische Truppenbewegungen zu verzeichnen.

Wie verhält sich Zaires Regierung dazu? Sie sucht ausländische Hilfe – auf ihre Weise. Der Belgier Christian Tavernier, der schon 1964 Mobutus Streitkräften beim Kampf gegen Rebellen half, leitet zur Zeit eine Umstrukturierung der zairischen Armee. Und Präsident Mobutu soll während seiner Krebsbehandlung in der Schweiz Kontakt zur südafrikanischen Söldnerfirma „Executive Outcomes“ geknüpft haben, damit sie der zairischen Armee bei der geplanten Rückeroberung der von den Tutsi-Rebellen gehaltenen Provinz Kivu hilft.

Die südafrikanische Privatarmee dient vielen Herren: Sie hat bereits für die Regierungen Angolas und Sierra Leones gekämpft und flog letztes Jahr, so berichtet die US-Zeitschrift Soldier of Fortune, für Ugandas Regierung Aufklärungsflüge an der Grenze zum Sudan. Gleichzeitig bildeten vor den jüngsten Kämpfen sieben Angehörige des 32. südafrikanischen Armeebatallions – aus dem die meisten Kämpfer von „Executive Outcomes“ stammen – die burundische Hutu-Guerilla in Zaire aus.

Der Bürgerkrieg in Zaire könnte so zu einer Affäre von Berufskriegern werden, die vor allem für Geld arbeiten. Die Begehrlichkeiten sind groß, denn Zaire ist eines der mineralienreichsten Länder der Erde. Aber ein rasches Ende der verschiedenen Konflikte wird dadurch eher unwahrscheinlich. François Misser

Kommentar Seite 10

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen