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■ Wesersymposium: Gewässerschutz macht Fortschritte, aber ÖkologInnen wollen größere Auenflächen am Fluß

Nicht nur der Vertreter des Bundesumweltministeriums verbreitete am ersten Tag des „Wesersymposiums“ vor rund 250 ExpertInnen in Sachen Gewässerkunde, Umweltpolitik und Administration gestern Optimismus: „An der Weser liegt die Keimzelle des ökologischen Gewässerschutzes in Europa“, lobte er. Hier seien beachtliche Konzepte für eine ökologische Nutzung des „Lebensraumes Flußlandschaft“ erarbeitet worden. Auch ÖkologInnen loben verbesserte Zusammenarbeit zwischen Politik und Umweltschutz. Folge: BessererWasserqualität.

Nur worin die ökonomischen Vorteile des ökologischen Gewässerschutzes liegen, wurde gestern nicht beantwortet. Dies zu erarbeiten, sei bislang schlicht nicht sein Auftrag gewesen, sagte der Bremer Gewässerökologe Michael Schirmer. Die von der Arbeitsgemeinschaft zur Reinhaltung der Weser ARGE erarbeiteten ökologischen Leitideen zur Renaturierung der Unterweser trügen dennoch Früchte. So wurden mehrere Hektar Auenland an der Luneplate nach den Vorstellungen der ÖkologInnen gestaltet. Problem: „Das ist Ausgleichsgebiet für das neue Bremerhavener Containerterminal III.“ Aus der Sicht des Ökologen sollen Naturschutzmaßnahmen jedoch ohne eine weitere Zerstörung intakter Gebiete stattfinden. „Schließlich liegen 80 Jahre Raubbau an Flußlandschaften hinter uns.“

Die Folgen davon sind an der Weser, dem am stärksten ausgebauten Tidefluß Europas, beträchtlich. Dazu gehören der Verlust von Auenlandschaften, die Austrocknung von Nieder- und Hochmooren, das Verschwinden von Süßwasserwatten am Flußufer sowie das Absterben allen dazugehörigen Lebens. „Die einzigen Spuren von Hartholzwäldern an der Weser finden wir heute im Gebälk alter Bauernhäuser“, sagt Schirmer. Sein Konzept zur Renaturierung der Unterweser auf rund 720 Quadratkilometern zwischen Bremer Weserwehr und Bremerhavener Geestemündung sieht deshalb drastische Veränderungen vor: Dem Fluß soll Auenland zurückgegeben werden. Daß das geschehen wird, bezweifeln ExpertInnen allerdings selbst.

Zuerst betroffen wären die Landwirte: Sie sollen fünf Prozent der wertvollen Grünflächen am Flußrand räumen – zu denen dann auch Touristen keinen Zugang mehr hätten. Zudem müßten Vordeichsflächen – wie beispielsweise Harriersand – entsiedelt werden. Die Hälfte der jetzigen landwirtschaftlichen Fläche soll nur noch extensiv genutzt werden; eine Direktvermarktung der Produkte müsse politisch gefördert werden. Einen kleinen Trost für Betroffene hatte Schirmer doch parat: Grundsätzlich sei unbestritten, daß der Naturraum Flußlandschaft mit Landwirtschaft vereinbar sei. Wie – das müsse im Detail erarbeitet werden. ede

Eine Podiumsdiskussion „Großmotorschiffahrt und Ökologie“ im Rahmen des Wesersymposiums beginnt heute im Parkhotel um 13 Uhr