: Algerien stimmt über Verfassung ab
In einer gemeinsamen Erklärung wendet sich die algerische Opposition gegen das morgige Referendum. Es institutionalisiere nur die Diktatur und verlängere den blutigen Bürgerkrieg ■ Aus Madrid Reiner Wandler
Algeriens Präsident Liamine Zéroual steht einmal mehr alleine. Am Montag verabschiedeten alle wichtigen Oppositionsparteien des Landes in Brüssel eine gemeinsame Erklärung, in der sie die 16 Millionen Wahlberechtigten ihres Landes aufrufen, bei dem morgigen Verfassungsreferendum mit Nein zu stimmen: „Die neue Verfassung, die die Diktatur institutionalisiert, ist nicht in der Lage, dem Land Frieden, Sicherheit und Stabilität zu bringen.“
Die Opposition betrachtet die Volksabstimmung als Versuch, „das Klima des Schreckens und der allgemeinen Unsicherheit“, unter dem Algerien seit dem Abbruch der Parlamentswahlen 1991 und dem Verbot der siegreichen Islamischen Heilsfront (FIS) leidet, aufrechtzuerhalten. Die neue Verfassung sieht ein Verbot aller islamischen Parteien und der Regionalparteien vor, die für die Rechte der 25 Prozent starken Berberminderheit eintreten. Eine zweite Kammer, die gegen Parlamentsentscheidungen ihr Veto einlegen kann, soll die Macht des Präsidenten, der ein Drittel der Abgeordneten direkt bestimmen wird, stärken. Um bei den für 1997 erneut vorgesehenen Parlamentswahlen unangenehme Überraschungen zu vermeiden, wird das Mehrheitswahlrecht, das der FIS 1991 zum Erdrutschsieg verhalf, durch ein Verhältniswahlrecht ersetzt.
Die Erklärung trägt die Unterschrift namhafter Politiker, darunter der FIS-Auslandssprecher Abdelkrim Ould Adda, der Vorsitzende der größten legalen Oppositionspartei FFS, Hocine Ait Ahmed, der Ex-Vorsitzende der FLN, Abdelhamid Mehri, sowie die Sprecherin der Arbeiterpartei, Louiza Hannoune. Auch der Vorsitzende der Algerischen Liga für Menschenrechte, Abdennour Ali Yahia, und der ehemalige Staatspräsident Ahmed Ben Bella haben unterschrieben.
In dem Dokument werfen die Unterzeichner sowohl den islamischen Gruppen als auch der Regierung vor, den Bürgerkrieg zu verlängern. Die Unterzeichner fordern die internationale Öffentlichkeit auf, dem Militärregime Zérouals die Unterstützung zu entziehen. Amnesty international gibt die Zahl der Opfer des „heiligen Krieges“ und der „Terrorbekämpfung“ in den letzten fünf Jahren mit insgesamt 50.000 an. Während Militär und Polizei Gefangene einfach verschwinden lassen, foltern oder einfach erschießen würde, töteten die Bewaffneten Islamischen Gruppen (GIA) willkürlich Zivilisten, die zur Abschreckung „anderer Ungläubiger“ enthauptet und verstümmelt würden.
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