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Bergmann lagert Frauenprojekte aus

■ Frauensenatorin plant Betreuung von Frauenprojekten über die Servicegesellschaft „Zukunft im Zentrum“. Projekte fürchten um frauenpolitische Kompetenz. Anfang vom Ende der Frauenverwaltung?

Bei den rund 90 Frauenprojekten in der Stadt herrscht helle Aufregung. Frauensenatorin Christine Bergmann (SPD) plant, Anfang nächsten Jahres die Verwaltung der Vereine und Gruppen mit frauenspezifischen Interessen aus ihrem Senatsressort auszulagern. Verantwortlich soll künftig die Servicegesellschaft „Zukunft im Zentrum“ (Ziz) sein. Ziz solle lediglich Qualifizierungsträger betreuen, schränkte Bergmann ihre Pläne gegenüber der taz ein, und nur haushaltstechnische Routinearbeiten ausführen. In der organisierten Frauenbewegung befürchtet frau dennoch, daß der Umbau des Frauenressorts Kürzungen und Inkompetenz mit sich bringe.

Sie müsse Aufgaben auslagern und Personal abbauen, begründete Senatorin Bergmann ihr Vorhaben. Nähere Auskünfte, wie mit den sozialen, kulturellen und Bildungsprojekten für Frauen künftig umgegangen werden wird, mochte Bergmann noch nicht geben. Klar ist, daß „eine juristische Person außerhalb der Verwaltung“ die Zuständigkeit erhalte. Ziz wird ähnlich wie bei ABM-Trägern, für die sie bereits einen Jahresetat von 78 Millionen verwalten, die Frauenprojekte buchhalterisch und in Antragsfragen betreuen. Über Zuwendungsbescheide werde auch künftig ihr Haus entscheiden, meinte Bergmann.

Die Projektfrauen fühlen sich überrumpelt. Es habe „überhaupt keinen Wink in diese Richtung gegeben“, zeigte sich Claudia Mehlmann vom Arbeitskreis autonomer Frauenprojekte überrascht. Auch andere Projektvertreterinnen sind nicht prinzipiell dagegen, die finanzielle Betreuung anders zu gestalten. Das bisher angewandte Zuwendungsrecht schränke die Frauengruppen stark ein, meinte Mehlmann. Sabine Bohle von der „Arbeitsgemeinschaft Arbeit und Ausbildung“ traut aber gerade Ziz einen flexibleren Umgang mit Finanzmitteln nicht zu. „Die arbeiten ganz banal nach Zuwendungsrecht, da ändert sich gar nichts“, sagte Bohle.

Staatliche Zuwendungen sind stets an einen amtlichen Bescheid gebunden. Wer sie erhält, darf praktisch keine eigenen Einnahmen erzielen und genießt finanzielle Sicherheit stets nur für ein Jahr. Der Etat der Frauenverwaltung für Frauenhäuser, Bildungsträger und Anti-Gewalt-Gruppen beträgt rund 30 Millionen Mark.

„Es gibt bereits seit fünf Jahren den Trend, das Senatsressort für Frauen abzuschaffen“, sagte Sibyll Klotz von den Bündnisgrünen, „die Auslagerung könnte der letzte Schritt dahin sein.“ Klotz bedauerte, daß damit die inhaltliche Kompetenz der Frauenverwaltung verlorengehe. Die Servicegesellschaft Ziz habe hingegen keine frauenpolitische Erfahrung. Diese sei bei dem West- und dem Ostnetzwerk von Frauengruppen angesiedelt. Der Umgang der Frauenverwaltung mit dem westlichen Netzwerk, dem Arbeitskreis autonomer Frauenprojekte, läßt indes nichts Gutes hoffen. Die Frauen erfuhren vorgestern, daß Ende des Jahres ihre Zuschüsse auslaufen. Christian Füller

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