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Adonis Schönbohm

■ Eine öffentliche Liebeserklärung an Innensenator Schönbohm und die Folgen

Der so gern als „offenes Haus“ propagierte Preußische Landtag erlebte am Donnerstag eine heikle Bewährungsprobe. Eine junge Frau unterbrach von der Zuschauertribüne aus die Parlamentsdebatte mit dem schmachtenden Ruf, sie wolle nun endlich den Innensenator hören. An Jörg Schönbohm fasziniere sie dessen „griechische Anmut“. Kichern und Unruhe erfüllten das Parlamentsrund. Schönbohm aber, der Mann mit spärlichen Haupthaar und fliehenden Augenbrauen, suchte den Kontakt mit der 32jährigen Klaudia H. Im Foyer gestand Klaudia dann dem Innensenator öffentlich ihre Liebe. Der Adonis vom Fehrbelliner Platz zeigte sich geschmeichelt – und verwies auf seine glückliche Ehe und drei Kinder.

Die Affäre beleuchtet die politische Kultur in diesem Land. Klaudia ist, wie die hungrigen Boulevardblätter in Erfahrung brachten, Diplom-Politologin. Vielleicht also eher eine trickreiche Bewerbung? Klaudia H., nicht etwa getrieben von einer amour publique, sondern ganz schnöde vom Arbeitsmarkt? Gut recherchiert hat die Frau. Schönbohm hat keinen Generalstab um sich versammelt, sondern PolitologInnen: persönlicher Referent, PressesprecherInnen, alles Nicht-JuristInnen.

Klaudia entzauberte mit ihrem Liebessschwur zugleich das Konzept des „für alle offenen Hauses“. Die blaugewandeten Parlamentsdiener zeigten sich wenig gelassen und verwarnten sie für ihren „unzulässigen Zwischenruf“. Die Blaumänner mochten nicht, daß das Private politisch wurde. So offen ist das Abgeordnetenhaus nicht, als daß es die poetische Jungfernrede einer verliebten Politologin ertragen würde. cif

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