: Rot-grün-rosa Debatte eröffnet
■ Vor ihrer Fraktionssitzung über eine Alternative zur Großen Koalition diskutieren die Bündnisgrünen: Auseinandersetzung mit der PDS oder Arbeit am eigenen grünen Regierungsprogramm?
Die Bündnisgrünen stellen die PDS-Frage. Rechtzeitig zur Bundesdelegiertenkonferenz in Suhl an diesem Wochenende und kurz vor der Fraktionssitzung am kommenden Dienstag zum Thema „Grüne und PDS“ ist die Diskussion um das Verhältnis zur PDS voll entbrannt. Dabei zeichnen sich drei Positionen ab: Sich mit der PDS mit Blick auf eine Regierungsbeteiligung auseinandersetzen, heißt die eine. Die Vergangenheitsbewältigung mit SED und DDR einzufordern, heißt die zweite. Die dritte Variante lautet: Die eigene, bündnisgrüne Programmatik stark machen und nicht auf die PDS schielen.
Die Bildungspolitikerin Sybille Volkholz findet die PDS weniger wichtig als die Regierungsalternative zur „unsäglichen Großen Koalition“. Gesundheitsexperte Bernd Köppl meint hingegen, „realitisch betrachtet, ist eine Alternative zur CDU-SPD-Koalition nur denkbar in einem Bündnis zwischen SPD, Bündnisgrünen und PDS.“
Sybille Volkholz hält die Debatte um eine Regierungsbeteiligung der PDS für eine Ersatzdiskussion. Die aus der Umweltbewegung und den BürgerrechtlerInnen hervorgegangenen Bündnisgrünen reihten sich so in die „Normal- Parteien“ ein, die nur über Personen und Parteien disputierten.
Volkholz will statt dessen, daß die grüne Partei „ein alternatives soziales Sparkonzept vorlegt“. Wie andere in ihren Reihen geht Volkholz davon aus, daß der Landeshaushalt in Höhe von über sieben Milliarden Mark konsolidiert werden müßte. „Mehr Demokratie“, sagte Volkholz, „ist heute nicht mehr mit mehr Geld zu erreichen.“ Volkholz kritisiert, ihre Partei habe „für die meisten Politikbereiche noch keine konzeptionelle Weiterentwicklung in dieser Richtung“ verfolgt.
Mit der PDS aber wäre ein solches Regierungsprogramm eh nicht umzusetzen: Eine rot-grün- rosa Koalition mit der PDS würde, glaubt Volkholz, „die soziale Gestaltung der Stadt nur als Erwartungen an den Versorgungsstaat formulieren“. Volkholz bezweifelt überdies, daß diese Konstellation rechnerisch überhaupt die Mehrheit erhält.
Bernd Köppl dagegen argumentiert genau von dieser Annahme aus. Nur Rot-Grün-Rosa könne eine Mehrheit bilden. Mit diesem Problem will Köppl „die eigene Wählerschaft über einen längeren Zeitraum vor der Wahl“ konfrontieren. Köppls strategische Herleitung teilen nicht wenige in der Partei: Die CDU instrumentalisiere die PDS, indem sie alle anderen Parteien an der Abgrenzung zur PDS messe. „Solange diese CDU-Strategie nicht durchbrochen wird, spielt die PDS den ,nützlichen Idioten‘ und ist die Lebensversicherung für die ewige Regierungsbeteiligung der CDU in Berlin.“ Köppls Wahlslogan „Wir lösen die große Koalition ab“ wird von den meisten Grünen geteilt. Die Große Koalition, so der mit Bitternis vorgetragene Tenor, habe abgewirtschaftet. Aber mit Fraktionssprecherin Sibyll Klotz fordert eine wachsende Mehrheit, daß die Grabesstille über dem Thema PDS endlich überwunden werden soll. Christian Füller
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