: „Im Zweifel gegen Flüchtlinge“
■ Bündnis fordert Bleiberecht für togolesische Flüchtlinge / Harsche Kritik an Richtern
Ein Zentrum der togolesischen Bürgerrechtsbewegung im Exil heißt Bremen. Doch das Verwaltungsgericht der Hansestadt schlägt den Flüchtlingen die Hoffnung auf Asyl kaltschnäuzig um die Ohren – so sieht es ein breites Bündnis, das jetzt vor Abschiebung der Togolesen warnt. Zu ihm gehören die evangelische Norddeutsche Mission, togolesische Bürgerrechtsgruppen, deutsche Flüchtlingsinitiativen, die Ausländerbeauftragte und politische VertreterInnen von Grünen und SPD.
Grund ihres dringlichen Rufes nach Bleiberecht für abschiebebedrohte TogolesInnen, das es 1994 schon einmal gab, ist die Angst vor Ablehnung der Asyl-Klagen durch das Verwaltungsgericht. Die sei zu erwarten, denn: „Man hört den Klägern kaum zu.“ Betroffene, Rechtsanwälte und Pastor Erich Viering machen den Richtern diese Vorwürfe. Die Grundlage für zermürbende, stundenlange Befragungen sei ein prinzipielles Mißtrauen gegenüber den Flüchtlingen.
„Die Voreingenommenheit gegen den Flüchtling gipfelt in der Ablehnung sämtlicher Beweisanträge, die bei der Beurteilung des Falls helfen“, sagt Rechtsanwalt Günther Werner.
Daß die Zustände in Togo „desaströs“ sind, sagt laut oppositionellen Presseberichten auch der deutsche Botschafter in Lomé. Dies sei ein Grund, die 1993 aufgekündigte wirtschaftliche Zusammenarbeit weiter auf Eis zu legen. „In Togo herrscht politische Willkür und Gefahr für Oppositionelle“, sagt das Bremer Bündnis und beruft sich auf Berichte des UNHCR und von Amnesty International – nicht so das Gericht.
In einem viertägigen Marathon hat Anwalt Werner acht von rund 80 Klagen, die jetzt anstehen, vor der 5. Kammer des Bremer Verwaltungsgerichts vertreten. Fazit: „Dort wird der Grundsatz der Sach- ermittlung quasi außer Kraft gesetzt.“ Groteske Folgen werfen ein schlechtes Licht auf das dortige Verfahren.
Beispiel: Ein Oppositioneller flüchtet nach Bremen. Seine Frau gerät daraufhin in Haft. Kein Einzelfall . Seltener ist schon, daß auch der Frau später die Flucht nach Deutschland glückt. Vor zwei Wochen kam sie in Sachsen an. Als Zeugin durfte sie in Bremen aber nicht aussagen. „Ihr Mann habe sich bereits in Widersprüche verwickelt“, so der Anwalt über die Ablehnung der Richter. Dabei hätte die Frau mögliche Widersprüche aufklären können. Ihr Glück: Sie erhielt vorgestern politisches Asyl. Jetzt darf auch der Ehemann bleiben.
Beispiele über fragwürdige Gerichtspraxis gibt es aus Anwaltssicht noch mehr: Daß das Gericht die Kläger gar nicht mehr zum Termin lade, spreche für sich, so Rechtsanwalt Werner. Eine deutlichere Sprache spreche ein Fall, wo die Richter ablehnten, den Prozeßtermin eines – nach Attest – Frischoperierten zu verschieben. Noch weiter gehe die Drohung des Vorsitzenden Richters, Kinderweinen im Saal könne sein Urteil negativ beeinflussen. Diesen Vorfall bezeugt auch der langjährige Pastor der Norddeutschen Mission in Togo, Pastor Erich Viering. Er weiß, Bremen steht in der ehemals deutschen Kolonie Togo nicht nur für Protestantismus, sondern auch für Opposition. Wer von hier als Asylbewerber abgeschoben wird, müsse schon deshalb um sein Leben fürchten. Aber das wollte das Gericht nicht hören. Viering war vom Gericht als Experte abgelehnt worden.
ede
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