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Kleingärten nur für Deutsche

■ Der "Präsident" des Bezirksverbandes der Reinickendorfer Kleingärtner verweigert einem Griechen den Pachtvertrag. Ausländerbeauftragte setzt Ultimatum bis heute

Anderthalb Jahre hatte der Grieche Georgis Giannakidis auf ein Häuschen in der Reinickendorfer Kleingartenkolonie „Cyclop“ gewartet. Der Drucker lebt seit 1968 in Berlin und ist mit einer Deutschen verheiratet. Vor einigen Wochen sollte er endlich eine Laube bekommen. Da schlug die Nachricht wie der Blitz ein. Der Bezirksverband der Kleingärtner Reinickendorf e.V., Herr über 5.000 Pachtverträge, verweigerte seine Zustimmung mit der Begründung, „daß Kleingärten des Verbandes nur an deutsche Staatsbürger verpachtet werden könnten“. Für den Vorstand der Kolonie „Cyclop“, der mit dem Griechen den Vertrag abgeschlossen hatte, eine böse Überraschung.

Kleingärtnern wird gern nachgesagt, spießig, kleinbürgerlich und reaktionär zu sein. Aber so offener Rassismus ist neu. Der 1. Vorsitzende des Bezirksverbandes Reinickendorf, Werner Wegener, wollte sich gegenüber der taz nicht zu dem Vorfall äußern. Anfang der Woche hatte er die Ablehnung gegenüber der Berliner Morgenpost noch mit den Worten verteidigt: „Wenn Ausländer Pachtrückstände haben und dann zurück nach Hause gehen, sind wir die Dummen.“ Wegener gab zwar zu, daß es auch unter deutschen Pächtern säumige Zahler gebe, „aber das ist etwas anderes“.

Der Fall hat hohe Wellen geschlagen. Aus dem Hause der Ausländerbeauftragten Barbara John (CDU) hieß es, Frau John habe die Angelegenheit zur Chefsache erklärt und Wegner bis heute ein Ultimatum gesetzt, den Pachtvertrag mit Giannakidis zu billigen. Die Rechtslage sei eindeutig. Der Maastrichter Vertrag verbiete jegliche Diskriminierung von Staatsangehörigen der EU. Aber auch bei einem Türken oder einem Thailänder wäre John interveniert, wurde aus ihrem Hause versichert.

Der Reinickendorfer Baustadtrat Diethard Rüter (SPD), dem die Aufsicht über die Kleingartenkolonien untersteht, fiel zu dem Vorfall nur ein Wort ein: „Skandalös“. Rüter ist heute zu der Weihnachtsfeier des Bezirksverbandes eingeladen und will das Thema dort auf auf jeden Fall zur Sprache bringen.

Von Einsicht war bei Wegener bislang jedoch nichts zu merken. Der erste Kassierer der Kolonie „Cyclop“, der Portugiese Fernando Santana, der sich sehr für den Griechen eingesetzt hat, bekam dies deutlich zu spüren. Der Bezirksverband, so Sanatana zur taz, habe ihn aufgefordert, sich in Zukunft zurückzuhalten und mit Repressalien gedroht. Plutonia Plarre

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