: Sinneswandel für Großmarkt im Hafen
■ Händler haben Widerstand gegen Umzug aufgegeben / Behördenstreit über „Mikrostandort“
Die Chancen für einen Umzug des Großmarktes vom Flughafen in den Überseehafen sind in den letzten Wochen entscheidend gestiegen. Der Widerstand der Händler gegen das Projekt ist gebrochen. „Wir brauchen eine schnelle Entscheidung, dann ziehen wir um“, so ein Händler. Der Mann hatte lange gegen die „Zwangsumsiedlung in die Wüste des Überseehafens“ gekämpft und sogar mit dem Weggang nach Weyhe gedroht.
„Die haben sich sogar schon ausgesucht, wer in welchen Stand im neuen Großmarkt einziehen kann“, berichtet ein Teilnehmer der regelmäßigen Konsultationsrunden, in denen die Beamten des Wirtschaftssenators Hartmut Perschau (CDU) die massiven Bedenken der Händler zerstreut haben. „Das Projekt ist durch“, sagt ein Insider. Man habe den Händlern klargemacht, daß sie nicht, wie befürchtet, Mieter ihres Fruchthandels-Konkurrenten Atlanta werden müßten. Durch erhebliche Subventionen sollen die Bodenpreise für das neue Gelände so niedrig gehalten werden, daß die Mieten für die Händler erschwinglich bleiben.
Perschaus Abteilungsleiter Klaus-Wilhelm Timm will den Stimmungsumschwung zugunsten des Großmarktes im Hafen nicht dementieren. „Wir sind in konstruktiven Gesprächen“, sagt er offiziell. Die Wirtschaftsbehörde will das alte Großmarkt-Gelände am Flughafen für Büroneubauten nutzen. Die Kosten für den neuen Markt rechtfertigt das Ressort mit dem Hinweis auf die von allen Parteien gewünschte Belebung der Hafenreviere rechts der Weser, die in jedem Fall teuer werde.
Ein Verkehrsgutachten solle nun den Beleg erbringen, ob die alten Hafenreviere als Marktstandort tauglich sind. Mit einer Entscheidung sei Ende Februar zu rechnen. Die als Alternativstandort gehandelte Hemelinger Marsch sei dagegen aus dem Rennen, heißt es.
Bis zum Jahr 2000 könnte nun ein Teil des Überseehafens verfüllt und als Baugrund hergerichtet werden. Die dafür nötigen 73 Millionen Mark sollen aus dem Investitionssonderprogramm (ISP) kommen. Eine private Investmentgesellschaft aus Heidelberg könnte dort für 70 Millionen Mark einen neuen Großmarkt errichten. Zwei sogenannte „Cash & Carry“-Märkte, bei denen sich die Händler mit den nicht im Großmarkt feilgebotenen Waren eindecken können, erwägen eine Niederlassung.
Probleme gibt es nun allerdings zwischen den Senatsressorts für Häfen und Wirtschaft um den „Mikrostandort“ des Großmarktes. Häfensenator Uwe Beckmeyer (SPD) ist nicht einverstanden mit einem Großmarkt mitten im heutigen Becken des Überseehafens. Damit wäre der Hafenbereich zerschnitten und eine in seinem Ressort geprüfte Stromkaje an der Weser in der Verlängerung der Europahafen-Kaje wäre abgehängt.
Beckmeyer will den Markt näher zur Stadt an den Hafenkopf ziehen. Dort allerdings residiert heutzutage die Bremer Lagerhaus-Gesellschaft im Hafenhochhaus. „Das müßte weg“, sagt ein Hafen-Beamter. Die Anbindung des Hafengeländes halten viele Händler schon heute für ausreichend, um die täglich 1.500 Fahrzeuge des Großmarkt-Verkehrs aufzunehmen, zumal zu deren Zeiten am frühen Morgen. Dem Wirtschaftsressort geht es jedoch nicht nur um den Großmarkt, sondern um die Belebung der Hafenreviere insgesamt. Ohne eine leistungsfähige Straßenverbindung läßt sich das nicht machen. Eines ist aber allen Beteiligten klar: Der Zollzaun um das heutige Freihafengebiet muß fallen. Ein Großmarkt im Zollausland wäre undenkbar. jof
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