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Banken im Pleitestrudel

Alle Kreditinstitute, die in Berlin und Ostdeutschland aktiv sind, rechnen 1996 mit höheren Verlusten. Vermehrte Firmenkonkurse als Ursache  ■ Von Hannes Koch

Alle Banken, die in Ostdeutschland Geld an Unternehmen verliehen haben, rechnen in diesem Jahr mit höheren Verlusten als 1995. Außerdem seien „die Ausfälle in den östlichen Bundesländern höher als im Westen“, sagt Joachim Lienstedt, Sprecher des in Berlin ansässigen Bankenverbandes mittel- und ostdeutscher Länder. Die Banken müssen Kredite als Verluste verbuchen, weil eine steigende Zahl von Unternehmen Konkurs anmelden muß.

Eine Sprecherin der Köpenicker Bank bestätigt die Schwierigkeiten: „Zu sagen, wir hätten keine Probleme, wäre gelogen.“ Den Konkurrenz-Instituten – egal, ob klein oder groß – gehe es auch nicht besser. Durchweg stiegen auch dort die „Rückstellungen“ an. Das sind Summen, die in der Bilanz als mögliche Verluste für den Fall verbucht werden, daß bankrotte Betriebe ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen können. Kürzlich erst hatte die Bankgesellschaft Berlin erklärt, daß man für das laufende Jahr 2,2 Milliarden Mark als Risikovorsorge einplanen müsse.

Die mehrheitlich landeseigene Bankgesellschaft Berlin AG hat besonders zu leiden, weil ein großer Teil des Geschäftes in Ostdeutschland stattfindet. Die Ostniederlassungen anderer Großbanken wie der Dresdner oder Deutschen Bank haben zwar auch Probleme. Doch die fallen nicht so ins Gewicht, weil die Gewinne aus Westdeutschland und anderen Staaten die Verluste kompensieren. Genaue Zahlenangaben zu ihren Ostverlusten verweigern die Banken.

Bankenfunktionär Lienstedt geht davon aus, daß die höheren Verluste vornehmlich durch den Niedergang der gewerblichen Wirtschaft hervorgerufen werden. Insgesamt verlieren private Gläubiger 1996 rund zehn Milliarden Mark durch Konkurse in Ostdeutschland. Etwa 8.000 Unternehmen müssen dieses Jahr ihre Tore schließen – 36 Prozent mehr als 1995. In den Westländern liegt die Zahl der Insolvenzen um zwölf Prozent höher als im Verlauf des Vorjahres.

Mit Zusammenbrüchen von Kreditinstituten rechnet der Bankenverband allerdings nicht. „Die allgemeine Geschäftsentwicklung ist eher positiv“, so Joachim Lienstedt. Mit ihren Einnahmen können die selbständigen Banken ihre Verluste durchaus abfedern. So rechnet die Bankgesellschaft Berlin selbst bei einer Risikovorsorge von 2,2 Milliarden Mark noch mit insgesamt schwarzen Zahlen für 1996. Und die etwaigen roten Zahlen ihrer Ostniederlassungen tragen einstweilen die Westzentralen der Großbanken – in der Hoffnung auf die blühenden Landschaften der Zukunft.

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