: Irland vernichtet Propaganda
■ Anti-Rinder-Hetze im Deutschunterricht erbost Minister
Dublin (taz) – Deutsch gilt an irischen Schulen als subversives Lehrfach, nachdem ein übler Propagandafilm entdeckt worden ist: AbiturientInnen im Fach Deutsch sollten offenbar einer Gehirnwäsche unterzogen werden. Nur aufgrund des beherzten Eingreifens eines Ministers konnte das verhindert werden.
In dem betreffenden Film, der als „Konversationsübung“ getarnt war, ist ein deutscher Mann zu sehen, der einen saftigen Rinderbraten kocht und sich dabei mit einer Frau auf deutsch unterhält. Sie fragt ihn, ob er schon mal etwas vom Rinderwahnsinn gehört habe. Die Frau weigert sich schließlich, das ihr vorgesetzte Gericht zu essen. Gemeinsam entsorgen die beiden den bösen Braten im Mülleimer. Als der irische Bauernverband von dem Machwerk hörte, alarmierte er sofort den Landwirtschaftsminister. Ivan Yates war schwer empört, hatte er doch vorige Woche das „Ende der BSE- Krise“ verkündet, weil der Kilopreis fast wieder das Niveau aus Zeiten erreicht hatte, in denen der Rinderwahnsinn nur als englische Krankheit galt. Daß sich 1996 die Zahl der BSE-Fälle in Irland im Vergleich zum Vorjahr vervierfacht hat – egal.
Jedenfalls wandte sich Yates wütend an die Bildungsministerin Niamh Breathnach, die zum Glück einsichtig war und den Propagandafilm sofort einstampfen ließ. Zu ihrer Entschuldigung brachte sie hervor, daß in den Unterrichtsmaterialien aktuelle Themen behandelt werden sollen. „In diesem Sinn war der Film korrekt“, sagte sie, „aber in einem anderen Sinn war er äußerst unglücklich.“
Es sei „bizarr, daß ein Ministerium die Arbeit eines anderen Ministeriums“ sabotiere, sagte ein Sprecher des Bauernverbandes noch immer fassungslos: Einerseits gebe man 500.000 Pfund aus, um den Rindfleischverbrauch in Irland anzukurbeln, andererseits spiele man leicht zu beeindruckenden Teenagern Videofilme vor, die ihnen den Appetit gründlich verderben. Ralf Sotscheck
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen