: Castor-„Fortbildung“
■ Wendland-LehrerInnen lernen Konflikt-verhalten im Falle des Atommülltransports
Wenn der „Castor“ kommt, sind die Straßen zum Brennelementezwischenlager Gorleben voll und die Schulen leer. Hubschraubergedröhne, lange Karawanen grünweißer Polizeifahrzeuge und Protestaktionen gegen den Atommüll lassen keinen geordneten Unterricht zu. Schon GrundschülerInnen sind erfaßt von der Empörung großer Teile der Bevölkerung im Landkreis Lüchow-Dannenberg, in dem Deutschlands atomare Entsorgungsanlagen konzentriert sind.
Ein Problem auch für die LehrerInnen der Region. Auf ihre Nöte reagierte nun das niedersächsische Kultusministerium. Es bot im Vorfeld des nächsten Castor-Transports eine Fortbildung in Hitzacker an.
Die Hälfte der 480 LehrerInnen – „keineswegs nur Atomkraftgegner“ – kam und reagierte mit Beifall auf eine Feststellung des Friedensforschers Professor Johannes Esser: „Pädagogik ist nie wertfrei, sondern stellt immer eine politische Dimension dar.“ Schüler erlebten die Castor-Transporte als Bedrohung und reagierten mit Staatsverdrossenheit, fand Esser heraus. „Selbst Grundschüler stellen ihren Lehrern polizeitaktische Fragen, die diese nicht beantworten können. Viele Pädagogen stehen hier mit dem Rücken zur Wand.“
Die LehrerInnen zeigten sich dankbar für die mit psychologischen Rollenspielen gespickte Fortbildung. „Früher wurden wir zu Spitzeldiensten aufgefordert und selbst angeschwärzt, wenn wir gegen Gorleben waren“, sagte ein ergrauter Pädagoge. Heute werde Schuleschwänzen am „Castor-Tag“ geduldet und nicht disziplinarisch geahndet, betonte Bernd Hufenreuther von der Lüneburger Bezirksregierung. Karin Toben/ dpa
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen