: Wenn Frauen zuviel texten
■ ReadMe: Monica Riedel und Friederike Stüven wollen Frauen die "Grundzüge des Mediendschungels" vermitteln. Leider haben die beiden sich dabei selbst verirrt
Die Welt der Medien ist längst keine Männerwelt mehr: 31 Prozent der im Journalismus Beschäftigten sind Frauen, und wenn man den AusbilderInnen glauben darf, sind sie in der Regel jünger und besser qualifiziert als ihre männlichen Kollegen. Daß beispielsweise der WDR jahrelang überwiegend Volontärinnen eingestellt hat, lag nicht etwa an der Frauenquote, sondern daran, daß die Bewerberinnen die besseren Zeugnisse und Arbeitsproben hatten. Dennoch gelangen auch in den Medien weniger Frauen in Spitzenpositionen. Aber, Medienfrauen, „raus aus dem Jammertal, rein in die Chefetage!“ fordern Monica Riedel und Friederike Stüven. Und um Frauen „die Grundzüge des Mediendschungels“ zu erklären, haben die beiden Medienmacherinnen einen Ratgeber geschrieben, den sie angeblich selbst gern gehabt hätten, „als wir Medienneulinge waren“.
In „Frauen machen Medien“ beschreiben sie von der Aufnahmeleiterin bis zur Schlußredakteurin alle Berufe, die in der Medienbranche denkbar sind. Doch diese Fülle macht das Buch zu einer eher unpraktischen heiteren Berufesammlung. Denn eine angehende Tontechnikerin wird sich kaum für die Aufgaben einer Justitiarin interessieren, und eine Drehbuchautorin wird erst dann wissen wollen, was eine Bühnenmeisterin macht, wenn sie einen Plot schreibt, der in einem Fernsehstudio spielt. Die Abschnitte über die einzelnen Berufsbilder sind zu kurz, um einen wirklichen Einblick zu vermitteln, und erschöpfen sich meist in überflüssigen technischen Details oder Gemeinplätzen, wie „Juristen sind vielbeschäftigte Menschen im Sender“. Obwohl die Autorinnen so viele unterschiedliche Tätigkeiten aufzählen, stellen sie – außer bei Regisseurinnen und Regieassistentinnen – in kaum einem Bericht dar, wie all diese Menschen in der Produktion einer Sendung oder Zeitung zusammenarbeiten.
Die Medienwelt wird in diesem Ratgeber wie in einem Werbetext geschildert: Daß in der Branche alles immer „boomt“, mag man ja noch mit einem Gähnen quittieren, doch in dem Kapitel über die „Megazukunft Multimedia“ fühlt man sich endgültig in den Fernsehspot der Telekom versetzt: „Telearbeit erübrigt den Stau morgens auf der Autobahn, spart Zeit und erhöht die Lebensqualität. Eine sehr interessante Alternative gerade für Mütter! Während Baby schläft, sitzt Mama im Arbeitszimmer am PC und kommuniziert mit den Kollegen im Büro per Datenleitung.“ – Kein Wort darüber, daß mit Telearbeit reihenweise schlechtbezahlte, ungesicherte Arbeitsplätze entstehen könnten, oder darüber, daß Telearbeiterinnen sich gelegentlich ganz schön isoliert fühlen – weil ihnen die Freiheit genommen ist, aus dem Haus zu gehen. Und natürlich auch kein Wort darüber, daß Baby eben meistens nicht schläft, wenn es sollte, weswegen auch Heimarbeiterinnen meist eine Tagesmutter engagieren müssen, wenn sie konzentriert arbeiten wollen.
Kaum ein Sprachklischee ist den Führerinnen durch den Mediendschungel zu abgegriffen: Da ist von „Schreibtischtäterinnen“ und „Frontfrauen“ die Rede, von „megaroten Lippen“ und davon, daß der „mit diesem Beruf verwobene Verlust an Privatleben Reporterinnen nicht immer heiter stimmt“. So ist „Frauen machen Medien“ nicht nur eine Stilblütensammlung, die eben entsteht, wenn Journalistinnen texten statt schreiben und erst kürzlich den Doppelpunkt als Stilmittel entdeckt haben, sondern eine schlampige Anhäufung von Halbwahrheiten, Mystifizierungen und Falschinformationen. Grundsätzlich haben die Autorinnen darauf verzichtet, Quellen für die Zahlen und Fakten, die sie nennen, anzugeben – und, was in einem Buch, das sich speziell an Frauen richtet, völlig unbegreiflich ist: An keiner Stelle hinterfragen sie die Gepflogenheiten des Medienbetriebs, der so stark von männlichen Ritualen und Gockeleien geprägt ist.
Offensichtlich sind Monica Riedel und Friederike Stüven der Illusionsmaschinerie der Medien so gründlich auf den Leim gegangen, daß sie den Blick für den Unterschied zwischen Schein und Sein verloren haben. Doch wenn sie die „weniger attraktiven Tätigkeiten wie langweilige Recherchen“ lieber der Redaktionsassistentin überlassen, ist es schließlich nur folgerichtig, daß sie ausgerechnet Barbara Eligmann, die Moderatorin des RTL-Boulevard-Magazins „Explosiv“, als Nachrichtenredakteurin präsentieren. Diemut Roether
Monica Riedel/Friederike Stüven: „Frauen machen Medien“. dtv, 398 Seiten, 19,90 DM
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