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Reihenweise fallen die Mädchen in Ohnmacht – warum nur?

■ Michael Cantacuzene vom „Bravo“-Dr.-Sommer-Team klärt auf

taz: Von heute an touren die Backstreet Boys durch die Republik. Die Mädchen werden wieder reihenweise in Ohnmacht fallen – bloß die Jungs nicht. Warum nur?

Michael Cantacuzene: Weil Mädchen sich mehr mit den Backstreet Boys identifizieren. Ihre Songs, ihre Shows, ihre Klamotten sind Schablonen, in die sich die Mädchen träumen. Zu Hause haben sie ihre Zimmer mit Backstreet-Boys-Bildern tapeziert. Sie wachen mit ihnen auf, gucken in ihre schönen Gesichter. Sehnsüchte nach Geborgenheit und Liebe projizieren sie auf sie. Sind die Jungs dann auf der Bühne, ist es um die Mädchen geschehen.

Eine einfache Bühnenillusion raubt den Mädchen den Atem?

Nein, das Konzert ist nur die Spitze eines Eisbergs. Davor liegen doch Wochen und Monate, in denen sich die Mädchen mit den Stars identifizieren. Die Jungs sind sexy und ihre Fotos oder Videos geduldig. In der Phantasie kann man mit den Jungs machen, was man will. Sie können sich nicht wehren. In der Traumwelt des Mädchenbettes werden wunderbare Spiele mit ihnen gespielt: Streicheln, Sex haben. Die Jungs sind wie Puppen, fügsam und biegsam – so kommt schon vor dem Konzert eine starke Bindung mit ihnen zustande.

Und im Mädchenkopf geht die Post ab, wenn die Jungs auf der Bühne stehen?

Ja, wenn von dort ein Hauch von Nick weht, ist klar: Der Traum kann ab sofort Wahrheit werden.

Löst die Ahnung von Achselschweiß etwa Ekstase aus?

Jeder Windhauch, wenn Nick vorbeigeht, beflügelt die Phantasie, selbst wenn sie nur den Saalordner riechen.

Warum reagieren Jungs nicht so, wenn sie zu einem Girl-Group- Konzert gehen?

Weil sie viel weniger Kontakt zu ihren Gefühlen haben. Die finden es albern, in Ekstase oder Ohnmacht zu fallen.

Sie können sich öffentlich nicht so hingeben?

Die schauen sich die Show an, finden die Mädchen auf der Bühne geil, stellen sich auch vor, mit denen ins Bett zu gehen. Mit ihren Gefühlen aber sind sie nicht so bei der Sache. Und wenn die fehlen, fällt das auch mit der Hyperventilation flach, dann gibt es keine Ohnmacht. Jungs haben während des Konzerts coolen Sex im Kopf. Mädchen können Liebe und Sex nicht so trennen.

Aus Liebe in die Knie gehen?

Das Hyperventilieren geht ja schon los, wenn sie in den Konzertsaal kommen. Da fängt das Herz fürchterlich an zu klopfen, die Pumpe arbeitet wie wahnsinnig. Je mehr Aufregung da ist, desto kürzer wird der Atem. In den Körper kommt mehr Sauerstoff als nötig.

Der Körper behilft sich mit Ohnmacht, als wollte er sagen: Mädchen, deine Phantasie geht mit dir durch?

Ja, eine gesunde Reaktion. Stetes Hyperventilieren würde die Balance ja ganz durcheinanderbringen und den Organismus gefährden.

Gibt es etwas, um im Moment der Ekstase nicht umzukippen?

Wenn man sich eine Plastiktüte vor den Mund hält und die verbrauchte Luft einatmet, reichert sich das Blut mit Kohlenmonoxid an. Man kommt schnell wieder zur Besinnung. Aber welches Mädchen will das schon? Junge Mädchen fallen gern in Ohnmacht. Interview: Annette Rogalla

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