Motorsägen machen Platz für Bürohaus

■ HVG will Kopfbau an Findorffer Messehallen-Wand privat finanzieren / Kunick: „Baumfrevel“

Vor Sonnenaufgang legten Männer mit Motorsägen acht Bäume an der Findorffstraße nieder. Sie legten den Grundstücksstreifen entlang der mächtigen Rückwand der neugebauten Messehallen frei. Dort will die Hanseatische Veranstaltungs GmbH (HVG) nun doch den geplanten Kopfbau errichten – wie es hieß, mit privatem Kapital.

Wenn die Baugenehmigung komme, wolle man im Frühsommer mit dem Bau beginnen, so HVG-Sprecher Torsten Haar. Das Fällen der Bäume sei genehmigt. Noch sei aber der überarbeitete Architektenentwurf nicht fertig. Für einen alten Entwurf gibt es aber schon eine Baugenehmigung.

Die zweite Baumreihe neben den Straßenbäumen mußte jetzt in der „vegetationsfreien Zeit“ fallen, weil der 80 Meter lange und acht Meter breite Grundstücksstreifen bald für die Baulogistik gebraucht werde. Dort müßten Baustellencontainer aufgestellt werden, wenn im Frühjahr die Messe „Dach und Wand“ Teile der Bürgerweide beanspruche, so Haar. Die Hallen seien bis dahin fertig. Es werde aber noch bis September –97 auf dem Gelände gebaut.

„Unverschämter Baumfrevel einer wildgewordenen Baubürokratie“, wütete dagegen ein prominenter Anlieger, der SPD-Bundestagsabgeordnete Konrad Kunick. Der hatte sogar angekündigt, sich an bedrohte Bäume anzuketten, kam aber gestern morgen zu spät in sein Büro in die SPD-Parteizentrale.

Auch im Ortsamt West wurde Amtsleiter Bernd Peters von der Aktion der Baubehörde überrascht. Letzter Sachstand der Findorffer Stadtteilpolitiker war, daß die HVG noch keinen Bedarf für einen Kopfbau habe. Bevor die Entscheidung über eine Bebauung getroffen werden könne, müsse der Beirat konsultiert werden, meint Peters. Da könne man nicht „Fakten schaffen in der frühen Morgenstunde“.

Für die HVG hat sich inzwischen aber die Lage verändert, seit man den Bauantrag im vergangenen Frühjahr aus Kostengründen zunächst zurückgestellt hatte. Zwei Investoren seien interessiert, das Geschäftshaus privat zu finanzieren, hieß es. Der Neubau soll allerdings nicht – wie ursprünglich im Messehallen-Entwurf des Architekten Schulze geplant – nur zweigeschossig werden. Die HVG will einen Dreigeschosser beantragen, der nach Angaben ihres Bauexperten Hans-Joachim Torke etwa 1.500 Quadratmeter Nutzfläche haben und um die 2,5 Millionen Mark kosten werde. Im Erdgeschoß an den beiden Ecken seien Läden und ein Bistro vorgesehen.

Die HVG versichert, bereits Mieter an der Hand zu haben. Darunter seien auch Messefirmen von auswärts. Das Bremer Büro der Messe-Firma Heckmann wolle aus der Wiener Straße in den Neubau umsiedeln. „Bei uns ist Interesse vorhanden“, bestätigt Heckmanns Niederlassungsleiter Henning Kniep. Der Standort direkt am Messegelände mache „Sinn für jeden in diesem Geschäft“. Auch HVG-Chef Michael Göbel kann sich vorstellen, einen Teil des Erdgeschosses selbst zu belegen.

Die neuen, größeren Planungen der HVG haben offenbar gute Chancen, genehmigt zu werden. Zwar sei der „Nachtragsbauantrag“ noch nicht gestellt, so Jürgen Müller, Leiter des Bauordnungsamtes. Im Bereich der Bürgerweide gebe es aber keinen Bebauungsplan, deshalb bestehe „verhältnismäßig viel Freiheit“ für die Gestaltung einzelner Gebäude. Ein Dreigeschosser wäre zu genehmigen, wenn er zu den Messehallen paßt.

jof