: Belo hütet seine Zunge
■ Friedensnobelpreisträger Belo vermeidet Kritik bei Bonn-Visite
Bonn (taz) – Der diesjährige Friedensnobelpreisträger, Bischof Carlos Belo aus Ost-Timor, hat bei seinem gestrigen Besuch Bonns jede öffentliche politische Äußerung vermieden. Trotz zahlreicher politischer Gespräche, unter anderem mit Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU), beschränkte er sich zumeist auf Aussagen über kirchenspezifische oder religiöse Fragen. Hintergrund dieses Verhaltens sind Befürchtungen der Opposition in Ost-Timor, Belo könnte die Rückreise in sein Land verboten werden, sollte er sich im Ausland zu deutlich gegen die indonesische Besetzung seiner Heimat äußern.
Bei der Vorstellung einer Biographie über Belo, bei der er selbst anwesend war, begründete der Bischof seine Weigerung zu politischen Aussagen damit, daß er ein religiöser Führer sei, dem man religiöse Fragen stellen solle – ebenso wie man einem politischen Führer politische stellen könne. Über sein Gespräch mit Kohl wollte er nichts sagen. Für Irritationen hatte Belo während der jüngsten Kohl-Reise durch Indonesien gesorgt. Einer Einladung des Kanzlers war er ferngeblieben. Belo begründete dies gestern damit, er habe viel zu tun gehabt und nicht nach Djakarta reisen können.
Belo betonte, viele Staaten wie etwa die Bundesrepublik sollten sich für die Einhaltung der Menschenrechte und die Achtung der Menschenwürde einsetzen. Der Friedensnobelpreisträger sagte, er erwarte keine Schwierigkeiten bei der Einreise nach Ost-Timor: „Es wird alles ganz normal sein.“
Belo hob hervor, er wolle ein anstehendes Treffen mit dem Papst abwarten, ehe er entscheide, ob er sich zu politischen Fragen äußern werde. Er wünsche sich zu Weihnachten Frieden, Harmonie, Wohlergehen und Ruhe für die Menschen in den Dörfern Ost-Timors.
Neben Jos Ramos Horta, ebenfalls mit dem Nobelpreis geehrt, gilt Belo als die wichtigste Stimme gegen die Besetzung Ost-Timors. Philipp Gessler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen