: Kassenspielers Trickkiste
Um Haushalt zu sanieren, verkauft Hamburg 5000 Wohnungen an Saga und GWG. Die müssen 200 Millionen von der Bank holen ■ Von Heike Haarhoff
„Zu Weihnachten“, bescherte Hamburgs Kassenwart Ortwin Runde (SPD) gestern die frohe Senatsbotschaft, sollen die leeren städtischen Kassen doch noch klingeln: Für 200 Millionen Mark verkauft die Stadt 5075 Wohnungen und Gewerbeeinheiten in Mehrfamilienhäusern – das entspricht Zweidrittel des Gesamtwohnungsbestands in öffentlichem Besitz – an die städtischen Wohnungsunternehmen Saga (4369) und GWG (706).
Das Geschäft soll das diesjährige 1,3 Milliarden Mark-Haushaltsloch stopfen helfen und „ist mieten- und wohnungspolitisch unbedenklich“, beschwichtigte Eugen Wagner (SPD), in Personalunion Bausenator und Saga-Aufsichtsratsvorsitzender. Die Wohnungen würden schon jetzt von der Saga verwaltet, auch nach dem Verkauf blieben sie vor Umwandlung geschützt. Gewährleistet sei zudem der Einfluß der Stadt auf Belegung und Miethöhe; Saga und GWG sind zu 100 Prozent städtische Gesellschaften.
Am 1. Januar gehen die Wohnungen, die über ganz Hamburg verteilt liegen, in deren Besitz über; spätestens am 1. April müssen die Millionen auf die städtischen Konten geflossen sein. „Mit dem Erlös werden Liquiditätslücken geschlossen“, grinste Finanzsenator Runde über seinen Trick, den Kreditrahmen der Stadt Hamburg auf diese Weise vergrößert zu haben: Anstatt sich selbst zu verschulden, überläßt die Stadt die Bettelei bei den Banken lieber den städtischen Wohnungsgesellschaften: „Die Saga“, bestätigt deren Sprecher Herrmann Boekholt, müsse die Millionen „über eine Kreditaufnahme auf dem Kapitalmarkt finanzieren“. Die Zinsen allerdings würden über laufende Mieteinnahmen gedeckt.
Auch auf den Konten der Saga herrscht gähnende Leere. Noch im Juni bei der Jahresbilanzpressekonferenz hatte Vorstandsmitglied Willi Hoppenstedt beklagt, daß die Mieterlöse mit den rapide steigenden Neubau- und vor allem Instandhaltungskosten für die sanierungsbedürftigen Plattenbauten der 50er und 60er Jahre einfach nicht mehr Schritt hielten.
Gewinne dürften sich mit den jetzt erworbenen, 5075 städtischen Wohnungen (knapp 330.000 Quadratmeter) frühestens in ein paar Jahren machen lassen. Daran ändert auch der politische Verkaufspreis, der mit 630 Mark pro Quadratmeter lediglich ein Fünftel des üblichen Immobilienmarktpreises beträgt, wenig: Bisher, heißt es aus der Finanzbehörde, sei das Mietengeschäft (rund 22,5 Millionen Mark Jahreseinnahmen bei einer durchschnittlichen Quadratmetermiete von sieben Mark netto/kalt) für die Stadt ein Nullsummenspiel gewesen. Die Erlöse seien fast komplett wieder in Modernisierung und Instandsetzung gesteckt worden. „Erst allmählich fängt die Sache an, interessant zu werden“, sagt ein Mitarbeiter der Liegenschaft.
Mit einer Zustimmung der Bürgerschaft zu dem gestern vom Senat beschlossen Verkauf wird gerechnet: GAL-Fraktionschef und Haushaltsexperte Willfried Maier findet es „im Prinzip vernünftig, auf diese Weise die Haushaltslücke zu schließen“.
Bereits Anfang des Jahres hatte die Stadt 78 Grundstücke mit Villen und kleineren Wohnhäusern unter anderem an die Hamburgische Landesbank verkauft. Auch der Restbesitz (1000 Wohnungen in Ein- bis Vierfamilienhäusern) solle Schritt für Schritt, so Finanzsenator Runde, „an den Meistbietenden“ verkauft werden.
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