: Wesertunnel: Ab –97 wird gebuddelt werden
■ Planfeststellungsbeschluß in dieser Woche / Kritiker bezweifeln Kosten von offiziell 600 Mio.
Mit dem Bau des Wesertunnels soll Ende 1997 begonnen werden. Der Planfeststellungsbeschluß für die beiden Tunnelröhren bei Dedesdorf südlich von Bremerhaven wird nach Auskunft der Bezirksregierung in Oldenburg am Freitag unterschrieben. Dann könnte eine europaweite Ausschreibung anlaufen. Das Niedersächsische Wirtschaftsministerium und das Bonner Verkehrsministerium signalisierten grünes Licht für die Finanzierung des offiziell fast 600 Millionen Mark teuren Projektes. Das Verkehrsministerium will den 2,5 Kilometer langen Tunnel privat vorfinanzieren lassen und dann über 18 Jahre abstottern.
Das 350seitige Planwerk wird im kommenden Jahr bei denjenigen eingehen, die sich seit drei Jahren an dem Planfeststellungsverfahren beteiligt haben. Die Umweltverbände wollen dann prüfen, ob sie den Tunnel aus naturschutzrechtlichen Gründen vor Gericht stoppen könnten, sagt Inge Götz vom BUND Wesermarsch in Berne. Doch die Kritik an dem Vorhaben, das seit 1987 geplant wird, wird nicht nur aus ökologischer Sicht formuliert: Die Kosten seien viel höher als der Nutzen, sagt Inge Götz. Auch die Grünen im Hannoveraner Landtag halten die Netto-Kosten von 588 Millionen Mark für Makulatur. Da könnte was dran sein: Das Bundesverkehrsministerium selbst kalkuliert intern mit einer Milliarde Mark.
Das nährt den Verdacht der Kritiker: Der Tunnmel wird nicht nur gebaut, wie offiziell behauptet, um den Regionalverkehr zu verbessern. Die Investition mache nur Sinne, wenn der Tunnel Teil einer Küstenautobahn werden solle. Eine solche Verbindung verschlechtere aber die Wettbewerbssituation der deutschen Seehäfen. Auch im Bremer Senat wird befürchtet, daß Rotterdam durch eine neue Straßenverbindung näher an Skandinavien heranrücke und Bremen Konkurrenz mache. Im Bundesverkehrsministerium heißt es zur „Küstenautobahn“ nur lapidar: „Davon ist nichts bekannt“.
Dennoch ist man in Bremen nicht gegen den Tunnel, denn Bremerhaven werde dadurch besser angebunden. Die Wirtschaft in der Wesermarsch wartet ohnehin sehnsüchtig auf den Tunnel. Das Argument, das etwa Michael Ahrens, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Oldenburg vertritt: Die bisher durch den sechzig Kilometer langen Unterlauf der Weser fast vollständig voneinander getrennten Wirtschaftsräume Weser-Ems und Elbe-Weser könnten nur mit einem Tunnel zusammenwachsen. Besonders die Region links der Weser werde davon profitieren. Eine Stadt wie Nordenham sei bisher praktisch nur per Fähre von Bremerhaven oder mit einer eineinhalbstündigen Autofahrt von Bremen oder Oldenburg zu erreichen. Ein Anschluß der Bundesstraße 212 an die Autobahn A 27 sei daher notwendig, auch, damit die Menschen leichter zu weiter entfernten Arbeitsplätzen pendeln könnten. Die sechs Weser-Fähren seien zeitaufwendig, teuer und bei Eisgang oder Hochwasser nicht zu nutzen. Für den Tunnel wird im Jahr 2010 mit täglich 20.000 Autos gerechnet. Fußgänger und Radfahrer sollen mit Pendelbussen befördert werden.
Das Straßenbauamt Oldenburg-Ost will den Tunnel im sogenannten Schildvortrieb (wie die Maulwürfe) in den Wesergrund bohren. Auf diese Weise müsse weniger Boden auf die Deponie gefahren werden, und die Deiche und Deichvorländer blieben unberührt. Bis 2002 soll der Tunnel fertig sein. jof
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