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Ein Prozeß, der die Nation betrifft

■ betr.: „Kampf gegen das imaginäre Deutsche“, taz vom 10. 12. 96

[...] Seht Ihr denn nicht, wie Ihr Euch verrennt? Wenn es wirklich so einfach wäre, wie Herr Feddersen schreibt, wenn Safwan Eid bei bestehender Beweislage wirklich nicht verurteilt werden kann, ja verdammt noch mal, warum wurde er dann verhaftet, warum wurde er angeklagt? Konnten die Ermittler wirklich nicht anders, als sich auf Herrn Eid beziehen, wie Herr Feddersen schreibt, wenn da mehrere Neonazis mit frischen Brandspuren vor ihrer Nase herumlaufen? [...] Niemand scheint begriffen zu haben, wie sehr das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland durch die Morde von Mölln und Solingen gelitten hat und daß bei einem erneuten Anschlag ein Ausländer der Täter sein muß, wir können schließlich vor der Weltöffentlichkeit nicht als ein Volk von MordbrennerInnen dastehen. [...]

Natürlich steckt ein Nationalgedanke bei all denen dahinter, die entweder herumdrucksen, statt eindeutig Stellung für den Angeklagten zu beziehen, und lieber einen dubiosen Freispruch oder gar die Verurteilung eines Unschuldigen in Kauf nehmen; von der deutschen Mehrheit, die eh denkt, daß endlich mal ein Ausländer andere AusländerInnen umgebracht hat, wollen wir lieber schweigen, sonst kotze ich noch auf meinen Computer. [...] Hätten wir wirklich eine multikulturelle Gesellschaft, wären Nationalitäten von Angeklagten, Opfern und Justizangehörigen nicht wichtig, und hätten wir humane und vernünftige Gesetze, dann säßen die Neonazis aus Grevesmühlen schon längst im Knast, und zwar nicht wegen Brandstiftung und Mord, sondern sie hätten bei der ersten ausländerfeindlichen Äußerung eingesperrt werden müssen! Kerstin Witt, Berlin

Die Furcht vor einem nationalkonservativen beziehungsweise faschistischen Komplott ist nur ein laues Lüftchen gegen die Ahnung, die auch Jan Feddersens Meinung schürt: Daß der rassistische Normalzustand gerade nicht Ausdruck eines planmäßigen Vorgehens seitens derjenigen ist, die davon profitieren, sondern (immer noch!) erst ein loses Konglomerat aus Profitorientierung, Ignoranz und bestenfalls liberaler Selbstherrlichkeit. Michael Tietz, Dortmund

In einem Verfahren voller Unklarheiten soll laut taz-Kommentar nur eins gewiß sein: die Blamage der Linksradikalen. In ihrer Unterstützungsarbeit für den in Lübeck angeklagten Safwan Eid hätten sie einen „Rassismus gegen das imaginäre Deutsche“ herangezüchtet und gedeihen lassen, der schon mehr als „wahnhaft“ zu nennen sei.

Was soll das heißen? Das Deutsche eine bloße Einbildung, ein diskursiver Effekt „marginalisierter Szenen“ (taz) sind vielleicht, die sich von Komplotten umgeben fühlen? Aber, da war doch was: Hoyerswerda und Rostock zum Beispiel, als deutsche Realitäten jubelnder NormalrassistInnen. Schon zu lange her?

Und Rassismus gegen das Deutsche? Wie bitte? Jetzt also die WohlstandsbürgerInnen der neu- verantwortungsvollen Globalmacht als arme Opfer linksradikaler Hetzkampagnen? Da war doch auch noch was: die einhellige Abschaffung des Asylrechts in Deutschland klärte Machtverhältnisse – wer kann hier „rassistisch“ sein?! – ziemlich eindeutig.

Oder braucht die ehemalige deutsche Linke ein geeignetes Feindbild („marginalisiert“ & „wahnhaft“, eben linksradikal), um ihren Standpunkt zu klären in einem Prozeß, der sich nicht nur in diesem Jahr und nicht nur in einer Hansestadt abspielt, sondern seit 89/90, und vor allem die Nation betrifft? Jens Petz Kastner, Münster

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