: Neues Make-up für den Sarkophag
■ G 7 beschließt Renovierung des maroden Tschernobyl-Sarkophags. 4,6 Milliarden Dollar sind zugesagt
Berlin/Kiew (taz/AFP) – Mehr als zehn Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl soll die Betonhülle um den Unglücksreaktor Nummer vier verstärkt werden. Das beschlossen Vertreter der sieben führenden Industrienationen (G 7), der EU-Kommission und des ukrainischen Umweltministeriums. Die G 7 werde die Ausbesserungsarbeiten „kurzfristig“ finanzieren.
Der Sarkophag hat Risse und kann Sachverständigen zufolge jederzeit ganz oder teilweise zusammenstürzen. Eine Expertengruppe solle Anfang 1997 Vorschläge machen, wie die Betonhülle verstärkt werden könne, kündigte Claude Mandil, Vorsitzender der G 7-Arbeitsgruppe, an. Wie der im April 1986 explodierte Block vier langfristig abgedichtet werden kann, sei noch unklar, sagte der ukrainische Umweltminister Juri Kostenko. Für die Ausbesserung der Betonhülle soll ein Teil der 4,6 Milliarden Mark verwandt werden, die die G 7 als Ausgleich dafür zugesagt hat, daß die Ukraine das AKW bis 2000 vom Netz nimmt.
Laut Kostenko müßten aus dem Sarkophag auch 3.000 Kubikmeter radioaktive Flüssigkeit gepumpt werden. Zudem müsse eine Methode gefunden werden, um den radioaktiven Staub im Innern zu binden, so daß dieser bei einem Bruch der Hülle nicht entweichen kann. Die Ukraine wolle die im Reaktor eingeschlossenen Brennstäbe bergen, sagte Kostenko. Den Vorschlag eines russischen Instituts, den Reaktor mit Beton auszugießen, lehnte Kostenko ab.
In Tschernobyl läuft nach der Schließung von Block eins Ende November zur Zeit nur noch der Reaktor Nummer drei. Das sei für den Energiebedarf seines Landes „nicht genug“, sagte Kostenko. Er schloß die Inbetriebnahme von Block zwei, der nach einem Brand 1991 vom Netz genommen worden war, nicht aus. Nach Auskunft eines Verhandlungsteilnehmers verpflichtete sich die Ukraine aber, diese Entscheidung erst nach erneuten Konsultionen mit der G 7 umzusetzen. rem
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen