Erleichterung, Wehmut und Freizeit

■ Nach 148 Jahren traf sich der Senat der Hansestadt Lübeck zu seiner letzten Sitzung

Nach 148 Jahren geht in Lübeck eine hanseatische Tradition zu Ende. Mitte der Woche hat sich der Senat der Stadt zu seiner allerletzten Sitzung getroffen. Wenn nämlich am 1. Januar die neue schleswig-holsteinische Kommunalverfassung in Kraft tritt, wird es dieses Gremium nicht mehr geben.

Etwas wehmütig war es den acht ehrenamtlichen Senatoren Lübecks schon zumute, als sie sich zum letzten Mal im Roten Saal des Rathauses der Thomas-Mann-Stadt versammelten. Sie sind zwar noch bis 1998 gewählt, müssen aber wegen der Verfassungsreform vorzeitig abtreten.

„Einerseits bin ich erleichtert, weil ich nun wieder mehr Freizeit habe“, bekannte Senator Dietrich Szameit (SPD) vor seiner letzten Senatssitzung offenherzig. „Andererseits bin ich auch traurig, weil damit auch eine lange Tradition ehrenamtlicher Mitverantwortung in der Verwaltung der Stadt zu Ende geht.“

Seit dem Revolutionsjahr 1848 wurden die Geschicke Lübecks von einem Senat geleitet, der Bürgermeister hatte keine Weisungsbefugnis gegenüber den Senatoren, sondern war Gleicher unter Gleichen. Im vorigen Jahrhundert wurden die Senatoren noch auf Lebenszeit gewählt, meist bekleideten wohlhabende Kaufleute und Juristen dieses Amt von hoher Geltung. Der moderne Senat, der zuletzt aus sieben hauptamtlichen und acht ehrenamtlichen Senatoren bestand, leitete die Verwaltung und führte die Beschlüsse der Bürgerschaft, des Organs der politischen Selbstverwaltung, aus.

In Zukunft werden die Verwaltungen der kreisfreien Städte im Land von den Bürgermeistern alleinverantwortlich geleitet.

Die hauptamtlichen Stadträte dürfen sich in Lübeck zwar weiterhin Senator beziehungsweise Senatorin nennen, doch den Senat als Gremium wird es nicht mehr geben. lno/taz