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Schönbohm bürgt für Staatsdienst

■ Arbeitsrechtliche Vereinbarung zwischen Gewerkschaften und Innensenator soll Kündigungen von Landesbediensteten grundsätzlich ausschließen. ÖTV hatte mit Boykott der Verwaltungsreform gedroht

Entlassungen wird es im öffentlichen Dienst weiterhin nicht geben. Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) hat der ÖTV und der DAG gestern zugesagt, trotz anhaltenden Sparkurses und Umbaus der Verwaltung Landesbediensteten grundsätzlich nicht zu kündigen. Die Gewerkschaften hatten gedroht, ansonsten die Verwaltungsreform zu boykottieren.

Nach Angaben der ÖTV werden durch die Reform der Hauptstadtbürokratie allein bis Ende 1997 rund 10.900 Landesbedienstete überflüssig. Ein Teil von ihnen genoß schon bisher Kündigungsschutz. Das Land drohte jedoch jenen, die in privatisierten Unternehmen des Landes arbeiten, mit „betriebsbedingten Kündigungen“. Diese Gefahr wird nun durch eine „arbeitsrechtliche Vereinbarung“ bis 1999 gebannt. Schönbohm bestätigte gegenüber der taz, daß er betriebsbedingte Kündigungen ausschließe.

Die neue Vereinbarung zur Verhinderung der Kündigungen ist allerdings noch nicht unter Dach und Fach. Sie wird erst im Januar verhandelt. „Wir vertrauen auf das Wort des Innensenators“, sagte ÖTV-Chef Kurt Lange gestern. Lange kritisierte gleichzeitig Schönbohms Innenstaatssekretär Eike Lancelle (CDU). Er sei der eigentliche Scharfmacher, der die Vereinbarungen mit den Gewerkschaften habe verhindern wollen.

Die Gewerkschaften hatten ein starkes Druckmittel in der Hand. Ohne die Mitarbeit ihrer Mitglieder stirbt die Behörden-Perestroika, die aus der öffentlichen Verwaltung mit ihren rund 172.000 MitarbeiterInnen kleine, billige und effektive Einheiten machen soll. Weil die alte zwischen Senat, Gewerkschaften und Personalräten geschlossene Vereinbarung über die Verwaltungsreform zum Jahresende ausläuft, hatte man in den vergangenen Tagen hektisch verhandelt. Als Gegenleistung für Schönbohms Zugeständnis will ÖTV-Chef Lange nun die Vereinbarung über die Reform bis Mitte 1997 verlängern.

Allerdings mußten auch die Gewerkschaften Federn lassen. Ursprünglich hatten sie darauf beharrt, einen Tarifvertrag abzuschließen, der die Kündigungen ausschließt. Ein Tarifvertrag hat den Vorteil, daß der Kündigungsschutz auch dann noch gilt, wenn der Vertrag schon ausgelaufen ist. Anders bei der beabsichtigten „arbeitsrechtlichen Vereinbarung“. Läuft diese 1999 aus, erlischt auch der Schutz vor Kündigungen.

Die Innenverwaltung hat trotzdem noch einige Möglichkeiten, das Personal zu reduzieren. Man kann auf die normale Fluktuation hoffen, die aber eher gering ausfallen dürfte, weil es auch anderswo kaum freie Arbeitsplätze gibt. Weitere Einsparungen im Personalbereich könnten Vorruhestandsregelungen und Prämien für Staatsdiener bringen, die den vorzeitigen Abschied versilbern. Die ÖTV fordert zudem einen Tarifvertrag über Teilzeitarbeit, den die Innenverwaltung aber bislang nicht abschließen will. Hannes Koch

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