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Lokis Eichen mußten weichen

■ Elektronikkonzern Panasonic baut auf der ehemaligen Fläche des Loki-Schmidt-Wäldchens in Finkenwerder ein Zentrallager

„Wo sind die Bäume?“ Außer sich vor Wut und Enttäuschung wendet sich Alexander Porschke an den Hamburger Senat. Das „Loki-Schmidt-Wäldchen“ in Finkenwerder ist auf für ihn unbegreifliche Art und Weise verschwunden; 800 deutsche Eichen auf einen Streich. Porschke ist fassungslos.

Eigentlich hatte der grüne Abgeordnete und oppositionelle Hafen-Rebell vergangene Woche nur das Bauvorhaben des Elektronikkonzerns Panasonic auf dem Gelände an der Finkenwerder Straße/Ecke Dradenaustraße begutachten wollen. Anfang 1997 will Panasonic hier im Hafengebiet sein „Deutschland-Zentrallager“ errichten. Erstes Baumaterial wurde vor wenigen Tagen angeliefert. Zwei riesige Hallen (14.000 und 40.000 Quadratmeter Nutzfläche) sind geplant; mittels eigenen Gleisanschlusses sollen die Panasonic-Kunden in Nord- und Osteuropa künftig beliefert werden. Der Konzern verspricht mittelfristig 200 Arbeitsplätze in Finkenwerder.

Doch als Porschke auf der Baustelle ankam, durchfuhr es ihn jäh: Panasonic will exakt die 4,5 Hektar Hafenfläche bebauen, auf denen Loki Schmidt, Hobby-Botanikerin und Ehefrau des Alt-Bundeskanzlers Helmut Schmidt, erst im April 1989 einen Eichenwald angepflanzt hatte. Die Holsten-Brauerei hatte die 800 Bäumchen zum 800. Geburtstag des Hafens spendiert. Fritz Vahrenholt (SPD), seinerzeit Staatsrat der Umweltbehörde, deren Senator er später werden sollte, lobte den „Einstieg in die systematische Begrünung des Hafens.“

Davon, so Porschke, könne jetzt keine Rede mehr sein. Im Gegenteil: Händeringend sucht die Stadt nach naturbelassenen Flächen, mit denen sich der Bau der Panasonic-Hallen nach dem Hamburgischen Naturschutzgesetz „ökologisch ausgleichen“ ließe. Das Loki-Schmidt-Wäldchen wäre dafür geeignet gewesen. Doch bereits vor mindestens zwei, wenn nicht vier Jahren, das ergaben Recherchen der taz, wurde es bedauerlicherweise an den Curslacker Deich nach Bergedorf verpflanzt. „Der Standort Finkenwerder“, erklärt Ortsamtsleiter Uwe Hansen, „war immer für hafennahes Gewerbe vorgesehen.“ Früher oder später hätte das Wäldchen ohnehin umziehen müssen. Was dann die 89er Pflanzaktion überhaupt sollte, vermag heute niemand mehr zu sagen. Bäume seien bei der Umsetzung aber nicht zu Schaden gekommen. Die Bergedorfer Grünabteilung beteuert, sie „hegen und pflegen“ zu wollen. Ob und wann die Namensgeberin von dem Standortwechsel bei Nacht und Nebel erfuhr, ist unklar. Im kommenden Frühjahr will die Grünabteilung Loki Schmidt aber „bestimmt vor Ort einladen“. hh

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