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Potsdams Stadtplaner pfeifen auf die Unesco

■ Nachdem die Teilbaugenehmigung für das umstrittene Potsdam Center erteilt wurde, droht die Unesco, die Stadt auf die rote Liste „Welterbe in Gefahr“ zu setzen

Berlin (dpa/taz) – Die politischen Stadtplaner Potsdams rücken der einstigen Residenz mit finanzkräftigen Prestigeobjekten immer heftiger auf den Pelz – und pfeifen auf die historische Kulturlandschaft. Nach der Entwicklung eines Wohngebietes an der Havel, das die berühmte Sichtachse des Gartenbaumeisters Peter Joseph Lenné von Berlin nach Potsdam verstellt, soll nun ein schniekes Einkaufs- und Hotelzentrum in die Stadtmitte gepflanzt werden.

Trotz massiver Proteste ist am Wochenende die erste Teilbaugenehmigung für das umstrittene „Potsdam Center“ erteilt worden. Für das 1,5-Milliarden-Mark-Projekt stellt die Stadt der gleichnamigen Entwicklungsgesellschaft ein rund 50 Hektar großes Gelände am Bahnhof zur Verfügung. Mit dem Bau sowie der Vermarktung des neuen Mega-Parks soll 1997 begonnen werden.

Neben den örtlichen Denkmalpflegern hatte die Unesco massive Kritik am Bau des Potsdam Centers geübt, besonders wegen der geplanten Bauhöhe des Vier-Sterne-Hotels mit 270 Luxusbetten. Das Welterbekomitee der Kulturorganisation hatte auf seiner jüngsten Tagung in Mexiko von dem Architekten Hans Hollein (Wien) deutliche Änderungen an dem Prestigeprojekt gefordert und Bundesbauminister Klaus Töpfer (CDU) um Vermittlung gebeten. Die Konsultationen zwischen Bonn und Brandenburg führten zu keiner Planungsänderung. Bei dem Gespräch kam es vielmehr zu einem Eklat zwischen den Bauministern und dem Präsidenten der deutschen Unesco-Kommission, Peter Canisius.

Canisius fürchtet jetzt, daß Potsdams Schlösser und Gärten wegen der Unverträglichkeit des Hotels für die Kulturlandschaft auf die rote Liste der Unesco – „Welterbe in Gefahr“ – gesetzt werden. Nur noch bis April 1997 gelte die Gnadenfrist, den Statusverlust abzuwenden, sagte Canisius. Würden die Pläne nicht modifiziert, stände die Stadt „vor der Welt dumm da“.

Potsdams Oberbürgermeister Horst Gramlich (SPD) verteidigte erneut die Pläne zum Bau des Potsdam Centers gegen die Kritik der Unesco und bekannte sich gleichzeitig zum kulturellen Erbe der Stadt. Die Bewahrung der historischen Bauten und Gartenanlagen von Sanssouci und die Stadtentwicklung bildeten eine „dynamische Einheit“, sagte Gramlich. „Erstarrung“ nütze auch dem Welterbe nichts. rola

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