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Wer hat in Belgrad die meisten Demonstranten?

■ Aufruf über die serbische Nachrichtenagentur Tanjug: Milošević-Anhänger sollen zur selben Zeit demonstrieren wie seine Gegner. Polizei verstärkt Einsatzkräfte

Belgrad (AP/AFP) – In der jugoslawischen Hauptstadt Belgrad wächst die Gefahr gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der Regierung und der Opposition. Die staatlich gelenkte Nachrichtenagentur Tanjug verbreitete einen Aufruf, daß sich die Gefolgsleute des serbischen Präsidenten Slobodan Milošević am Dienstag um 15 Uhr versammeln sollen. Zur gleichen Zeit und am gleichen Ort sammelt sich üblicherweise die Opposition zu ihren Protesten gegen Milošević. Die Polizei verstärkte gestern ihre Einsatzkräfte um mindestens 600 Mann.

Unabhängige Zeitungen berichteten, daß die regierenden Sozialisten heute bis zu 400.000 Menschen für die Belgrader Demonstration mobilisieren wollten. In dem Tanjug-Aufruf hieß es, all jene, „die für Frieden, Freiheit und ein unabhängiges Serbien sind und gegen Terrorismus und ausländische Herrschaft“, sollten zu der Demonstration kommen. Auch Milošević selber hat sich angesagt. Eine Sprecherin von Milošević' regierender Sozialistischer Partei Serbiens (SPS) betonte gestern, nicht die SPS stehe hinter den Organisatoren. Vielmehr handele es sich um eine „spontane Initiative“. Nach Angaben der unabhängigen Nachrichtenagentur Beta sollen allerdings die Ortsvereine der SPS den Transport ihrer Mitglieder zu der Großkundgebung organisieren.

Zu den Protestzügen der Opposition kamen in den vergangenen Wochen täglich mehrere zehntausend Menschen zusammen. „Milošević versucht, ein Blutvergießen auf den Straßen Belgrads zu provozieren“, sagte gestern Oppositionssprecher Slobodan Vuksanović. Führer der Regierungsgegner riefen ihre Anhänger sowie jene von Milošević auf, die Ruhe zu bewahren. Die Polizei schaffte in mindestens zehn Bussen Verstärkung heran. Am Stadtrand stehen seit Beginn der regelmäßigen Demonstrationen bereits starke Einsatzkräfte bereit, die auch mit gepanzerten Fahrzeugen ausgerüstet sind.

Der Oppositionspolitiker Zoran Djindjić sagte unterdessen in einem Interview mit der Berliner Zeitung, die serbische Opposition würde Neuwahlen akzeptieren. Der Vorsitzende der Demokratischen Partei zeigte sich zuversichtlich, daß Präsident Milošević die Ergebnisse der Kommunalwahlen vom 17. November doch noch akzeptieren werde.

Die Annullierung von Teilergebnissen der Wahl, in denen die Opposition vorn lag, war Auslöser der Massenproteste gegen die Regierung, die bereits über einen Monat anhalten. Weiter sagte Djindjić, ein Demokratisierungsprozeß mit Slobodan Milošević an der Macht sei nicht denkbar. Der Chef der Sozialistischen Partei müsse zurücktreten, die Partei ihren Alleinanspruch auf die Macht aufgeben. Feature Seite 9

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