Salto rückwärts in der Umweltpolitik

■ Umweltsenator Strieder (SPD) revidiert Politik seines Amtsvorgängers Hassemer (CDU): Teltowkanal und Schleuse Charlottenburg nicht ausbauen, Müllverbrennung fraglich. Kritik an Bausenator Klemann

Einen Ausbau der umstrittenen Schleuse Charlottenburg wird es auf absehbare Zeit nicht geben. Die Umweltverwaltung will das gesamte „Projekt 17 Deutsche Einheit“, zu dem die Vergrößerung der Charlottenburger Schleuse gehört, neu überdenken. Erst nach einem Raumordnungsverfahren und einer Verzögerung von mindestens sechs Monaten soll der Senat entscheiden, wo und wann die Bagger rollen sollen. Das erklärte Umweltsenator Peter Strieder (SPD) in einem taz-Interview.

Damit widerspricht Strieder einmal mehr Bausenator Jürgen Klemann (CDU), der nach der Vorlage eines Obergutachtens im November den schnellen Baubeginn an der Schleuse gefordert hatte. Strieder will nun den Ausbau des Teltowkanals und damit die Gefährdung von Babelsberg und Glienicker Brücke stoppen und das Geld dafür in die Wasserstraßen nördlich von Berlin investieren lassen. „Ich setze darauf, daß wirtschaftlich sinnvolle Argumente selbst im ehemaligen Westberlin nicht ungehört verhallen“, meinte Strieder in dem Interview. Klemann sorge sich vor allem darum, daß „der Verkehr rollt und die Investitionen laufen, egal, ob sie sinnvoll sind“.

Kritik äußerte der Umweltsenator auch an seinem Amtsvorgänger Volker Hassemer (CDU). Dieser habe in seiner Zeit als Umweltsenator zum Thema Klimaschutz „wenig politische Vorarbeit“ geleistet. Deshalb, so Strieder, sei die Kritik von Umweltgruppen an den langsamen Fortschritten bei der Umsetzung der „Lokalen Agenda 21“ auch berechtigt: „Diese Kritik an der Hauptverwaltung kann ich nicht ganz zurückweisen.“

Auch die Müllpolitik seines Vorgängers wird von Senator Strieder revidiert. Ein von Hassemer geschlossener und bereits paraphierter Vertrag über eine Mengenzusage an BSR und Bewag werde nach einem Senatsbeschluß der vergangenen Wochen nicht in Kraft gesetzt, so Strieder. Damit seien die Pläne für eine zweite und dritte Müllverbrennungsanlage überflüssig.

Strieder ist „zuversichtlich“, daß in der nächsten Zukunft die kostendeckende Einspeisevergütung für Solarstrom durchgesetzt werde. Bei der von Bausenator Klemann im Senat blockierten Solaranlagenverordnung setzt der Umweltsenator auf eine freiwillige Selbstverpflichtung der Bauindustrie. Wenn die nicht innerhalb einer kurzen Frist komme, werde die Solaranlagenverordnung trotz schwerer Mängel in ihren Bestimmungen notfalls durch Verhandlungen im Koalitionsausschuß zwischen SPD und CDU durchgesetzt. Bernhard Pötter

Vollständiges Interview Seite 24