Gericht hebt Todesurteil auf

■ Der Mann hatte 1939 das Danziger Postamt verteidigt und war deswegen von deutschen Soldaten hingerichtet worden

Lübeck (dpa) – Das Landgericht hat gestern das Todesurteil eines deutschen Feldgerichts aufgehoben und einen am 5. Oktober 1939 in Danzig hingerichteten Polen posthum freigesprochen.

Am Tag, an dem die Deutschen Polen überfielen und der Zweite Weltkrieg begann, hatte der damals 37jährige Mann gemeinsam mit anderen das polnische Postamt am Danziger Heveliusplatz gegen deutsche Truppen verteidigt. Die Tochter eines der hingerichteten Verteidiger der polnischen Post hatte Wiederaufnahmeanträge beim Bundesgerichtshof gestellt, der das Verfahren nach Lübeck verwies. Mit der Entscheidung, den 37jährigen posthum freizusprechen, entsprach die VII. Große Strafkammer des Landgerichts dem Antrag der Staatsanwaltschaft.

Zur Begründung sagte das Gericht, die vom Feldgericht angewandte Kriegssonderstrafrechtsverordnung habe damals in Danzig nicht gegolten. Der Angeklagte hätte nach dem Danziger Strafrecht verurteilt werden müssen, in dem keine Todesstrafe vorgesehen gewesen sei. Selbst wenn die Kriegsverordnung als geltendes Recht anerkannt worden wäre, hätte dem 37jährigen Polen der Status eines Kombattanten – das sind die nach dem Völkerrecht allein zu Kriegshandlungen berechtigten Personen – zugesprochen werden müssen. Die damaligen Gesetze gegen Partisanen seien im Fall der Verteidigung der Danziger Post nach Sinn und Zweck nicht anwendbar gewesen.

Die polnische Post hatte nach den Bestimmungen des Versailler Friedensvertrages nach dem Ersten Weltkrieg ein Hoheitsrecht für den Postverkehr zwischen der „Freien Stadt Danzig“ und Polen. Als im Herbst 1939 eine deutsche Besetzung Danzigs befürchtet wurde, wurden auch Vorbereitungen zur Verteidigung des Postamtes am Heveliusplatz getroffen. Waffen und Munition wurden in das Gebäude geschafft und Reservisten aus Polen zur Verteidigung abgeordnet. Als das Postamt am 1. September 1939 von deutschen Truppen unter anderem mit Haubitzen angegriffen wurde, leisteten die Postler erbitterten Widerstand. (Az.: 702 Js 3000/95)