: Nur nicht Hagenbeck
Anfang 1997 entscheidet der Akademische Senat über den Umzug der Hochschuldidaktiker vom Campus nach Stellingen ■ Von Lisa Schönemann
Die dreizehn MitarbeiterInnen des Hochschuldidaktischen Instituts der Universität weigern sich standhaft, die Koffer zu packen und dem Fingerzeig von Unipräsident Jürgen Lüthje zu folgen. Der hat das Institut in der Sedanstraße mehrmals aufgefordert, seinen Standort auf dem Campus mit abgelegenen neuen Räumlichkeiten in Stellingen zu vertauschen. Auf der Sitzung des Akademischen Senats im November protestierten rund 80 Studierende dagegen, das IZHD (Interdisziplinäres Zentrum für Hochschuldidaktik) in die Wüste zu schicken.
„Die Auslagerung käme einer Schließung auf kaltem Wege gleich“, formuliert Martha Meyer-Althoff, Geschäftsführende Direktorin des Zentrums. Ein Umzug des IZHD in die Baron-Voght-Straße in der Nähe von Hagenbeck würde das Institut von Lehrenden und StudentInnen abschneiden und so langsam aushungern. Ergänzungsseminare und Examensvorbereitungen für Studies, die TutorInnenausbildung sowie Fortbildungen für ProfessorInnen und DozentInnen blieben dann auf der Strecke. Auch der Zugang zur Bibliothek, die auch von Sozial- und ErziehungswissenschaftlerInnen genutzt wird, würde drastisch erschwert. In der IZHD-Bücherei finden sich beispielsweise diverse Bände zur Frauenforschung und Frauenerwerbstätigkeit.
Wer kann im Uni-Alltag zwischen zwei Vorlesungen kurz zu einem Seminar nach Stellingen fahren? Wie sollen die vielfältigen Beratungen im Institut realisiert werden, wenn dafür eine dreiviertelstündige Anreise erforderlich ist? Im IZHD werden beispielsweise verzweifelte ExamenskandidatInnen, aber auch junge ForscherInnen beraten.
Im Wintersemester bieten die HochschuldidaktikerInnen ein Seminar für den „kreativen Umgang mit Konflikten und Problemen im Hochschullehreralltag“ an. DozentInnen werden für den Umgang mit den neuen Medien geschult, GeisteswissenschaftlerInnen auf den Einstieg ins Berufsleben vorbereitet. Lange vor dem Uniabschluß orientieren sich die zukünftigen AbsolventInnen auf dem Arbeitsmarkt. Praktika in Verlagen, Fersehsendern und Werbeagenturen sollen helfen, eventuell eine Nische für den eigenen Berufseinstieg zu finden. Da die Veranstaltungen und Seminare des IZHD in den Vorlesungsstundenplan der StudentInnen integriert sind, ist das IZHD auf seinen campusnahen Standort angewiesen.
„Die Busverbindung nach Stellingen ist schlecht“, räumt Universitäts-Sprecher Jörg Lippert ein, beeilt sich aber, zu versichern: „Niemand will das IZHD an den Rand schieben.“ Die Sache sei „noch im Fluß“. Ungeachtet dessen müßten die Räume in Stellingen ausgelastet werden. Das ehemalige Philipps-Gelände wird bisher hauptsächlich von den InformatikerInnen genutzt. Nun sollen mehrere kleine Einrichtungen hinterherziehen, um Platz auf dem Campus zu schaffen.
Der Präsident hat die Auslagerung des Zentrums anfangs damit begründet, daß die Hochschuldidaktik mit der Informatik eng verwandt sei. Das windschiefe Argument der Informatikverwandtschaft hatten zuvor die MathematikerInnen erzürnt zurückgewiesen und sich einem Umzug erfolgreich widersetzt. Lüthje argumentierte weiter, auf dem Campus müsse Platz geschaffen werden. Dann könnte die Stadt nach den Plänen des Hochschulamtes einige Villen in begehrter Lage, die bisher von der Universität genutzt werden, zum Kauf anbieten.
Eine Reihe von Protesten und Unterschriftenaktionen gegen die drohende Auslagerung des IZHD blieben bisher erfolglos. Der letzte Wurf des Präsidenten: Das kleine Stockwerk der HochschuldidaktikerInnen in der Sedanstraße solle für das in Gründung begriffene Institut für Meeres- und Klimaforschung genutzt werden.
Auf der nächsten Sitzung des Akademischen Senats im Januar soll der Bauausschuß die Ergebnisse seiner Beratungen vorstellen. Die MitarbeiterInnen des IZHD setzen auf eine politische Entscheidung zugunsten ihrer Einrichtung. Dann könnten sie ihre Arbeit dort fortsetzen, wo sie gebraucht werden: auf dem Campus.
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