piwik no script img

KommentarNiederlage erwünscht

■ Ein verkommener Werbegag der Bahn

Die Meldung hat Hoffnungen geweckt: Die Bahn AG hat die Bahnhöfe für Obdachlose geöffnet, hatten am Freitag abend die Nachrichten verbreitet. Angesichts der arktischen Außentemperaturen habe sich das Unternehmen entschlossen, für eine Zeit auf die Ansonsten rigide Vertreibungspraxis gegenüber Berbern zu verzichten. Da hatte es zwar schon die ersten Erfrorenen gegeben – aber immerhin. Und in den Nachrichten konnte man frohe Gesichter in Frankfurt und Hamburg sehen.

Und in Bremen? In Bremen verkommt der feine Zug der Bahn zu einem abgeschmackten Werbegag. In Bremen werden die Berber weiterhin aus den Bahnhofsbereich rausgehalten. „Die machen nur so eine wegwerfende Handbewenung, da weiß man schon Bescheid“, erzählt ein Berber. Die Bahn sei halt nicht zuständig für das menschliche Strandgut, heißt es. Punktum.

Wir kennen die Melodie, wir kennen den Text. Der Bremer Bahnhofsmanager im März letzten Jahres: „Die Bahnhöfe sind für diese Betroffenen nicht geeignet. Wenn sich die Reisenden wegen dieser Leute distanzieren – das haben wir nicht so gerne.“ Da hatte die Bahn versucht, im Zuge der Bahnhofsmodernisierung der Bahnhofsmission die Süppchenausgabe zu verbieten. Und wie damals gönnen wir ihr auch jetzt eine Niederlage – von Herzen.

Jochen Grabler.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen