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Studentenjobs bald Mangelware

■ Arbeitsvermittler der Universitäten befürchten, daß StudentInnen in Zukunft kaum noch Chancen auf Teilzeittätigkeiten haben. Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung verteuern ihre Arbeitskraft

Für StudentInnen wird es in Zukunft schwieriger, sich mit Jobs finanziell über Wasser zu halten. Denn die Bundesregierung schafft häppchenweise die Sozialversicherungsfreiheit für studentische ArbeitnehmerInnen ab. „Damit“, sagt Mark Schöffler von der studentischen Arbeitsvermittlung Tusma e.V., „werden Studenten- Jobs quasi beseitigt.“ Die StudentInnen seien keine billigen, weil sozialversicherungsfreien Arbeitskräfte mehr, so Schöffler.

Seit Oktober vergangenen Jahres müssen jobbende Studierende in die Rentenversicherung einbezahlen (siehe Kasten). Ab dem kommenden Jahr, so munkeln studentische Arbeitsvermittler, werden sie vom erarbeiten Geld auch noch Beiträge zu Krankenversicherung entrichten müssen.

Eine Belastung der Studierenden mit der Sozialversicherungspflicht ist laut Schöffler „indirekte Hochschulpolitik“, denn auf diese Weise würden „die Unis leergefegt“. Übrig blieben dort nur diejenigen derzeit rund vierzig Prozent der angehenden AkademikerInnen, die nicht zu jobben bräuchten. Noch allerdings, so Schöffler, boomt der studentische Arbeitsmarkt. Das Arbeitsangebot sei von der Rentenversicherungspflicht „kaum“ geschmälert worden. „Ein leichter Rückgang in der Nachfrage seitens der Arbeitgeber“ sei auf die Unsicherheit der Arbeitgeber bezüglich ihres zukünftigen Verwaltungsaufwandes mit der Sozialversicherung zurückzuführen, meint der Tusma-Mitarbeiter. Rund 120.000 Jobs vermittelte die Tusma 1995, und für dieses Jahr erwartet Schöffler keine Einbrüche. 25 Prozent der Jobs gehen an Frauen, etwa sechzig Prozent an nichtdeutsche Studierende.

Grundsätzlich muß nur Rentenversicherung abführen, wer nicht „geringfügig“ beschäftigt ist. Bei der Tusma oder bei den „Heinzelmännchen“, der Jobberbörse an der Freien Uni, ist aufgrund geltender Tagessätze allerdings jeder Job versicherungspflichtig: Auch für zwei Stunden Möbelrücken muß eine Rentenversicherungsnummer angegeben, müssen Formulare ausgefüllt werden. Um den dadurch verschreckten Arbeitgebern ihre zehn Prozent zusätzlichen Lohnnebenkosten zu versüßen, haben Tusma und Heinzelmännchen nun ein Abrechnungszentrum eingerichtet, das seit dem 1. Januar den Verwaltungskram für etwa 15 Mark pro Job für die Arbeitgeber erledigt.

Trotzdem, meint Fred Hamann, Leiter der Heinzelmännchen, „sagen manche Arbeitgeber, jetzt reicht's, und versuchen sich anders zu behelfen“. Anders als die Tusma beziffert Hamann den Auftragsrückgang der Heinzelmännchen auf etwa zehn Prozent: „Wir vermuten, daß der Schwarzarbeit durch die Gesetzesänderung Vorschub geleistet wird.“

Für den Fall, daß demnächst auch die Krankenversicherungspflicht für Studierende ins Haus steht, wagt Hamann keine Prognosen. Widerstand von studentischer Seite gegen die Zwangsversicherungen – denn Möglichkeiten zur freiwilligen Rentenversicherung gibt es ja schon – vermag er ebensowenig vorauszusehen. „Wenn man sich ansieht, wie leicht die Rentenversicherung durchgegangen ist, wird sich wohl niemand wehren.“ Ulrike Winkelmann

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