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DGB-Chef Schulte plädiert für neuen Konsens

■ Gespräche unterhalb der Kanzlerrunde angemahnt. Keine Vorbedingungen

Düsseldorf (taz) – Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Dieter Schulte, hat sich gestern für neue Gesprächsrunden von Gewerkschaftern, Arbeitgebern und Regierungsvertretern ausgesprochen. „Wer es ernst meint mit der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, weiß, daß dafür abgestimmte Beiträge von Wirtschaft, Gewerkschaften und Politik notwendig sind. Darüber muß man miteinander reden, ohne daß das immer gleich Kanzlerrunden sein müssen“, sagte Schulte in Düsseldorf während der DGB-Neujahrspressekonferenz.

Die Gewerkschaften seien zu solchen Gesprächen bereit. Notwendig sei dafür aber die „Bereitschaft aller Seiten, mit eigenen Beiträgen zu einem ausgewogenen Verhältnis von Leistung und Gegenleistung beizutragen“. Eine Neuauflage der Kanzlerrunde könne es nur dann geben, wenn die Bundesregierung zu den Grundlagen der am 23. Januar 1996 getroffenen Vereinbarungen im Bonner Kanzleramt zurückkehre. Auf Nachfrage stellte Schulte jedoch klar, daß der DGB die Rücknahme der Gesetzesverschärfungen zum Kündigungsschutz und zur Lohnfortzahlung nicht als eine Art Vorbedingung zur Wiederbelebung der Kanzlerrunde betrachtet. Auf jeden Fall seien jetzt Gespräche auf niedrigerer Stufe notwendig. Zwei Millionen Arbeitsplätze bis zum Jahr 2000 zu schaffen, bleibe dann „keine Utopie“, wenn alle Beteiligten sich auf ein „wirkungsvolles Sofortprogramm für mehr Beschäftigung“ verständigten. Als Beispiel nannte Schulte Vereinbarungen zum Überstundenabbau, zur Erhöhung der Teilzeitarbeit, zur Fortsetzung einer „moderaten Tarifpolitik“. Zudem müsse ein zusätzliches öffentliches Investitionsprogramm in Höhe von zehn Milliarden Mark jährlich bereitgestellt werden.

Für den Fall, daß die Bonner Koalition an ihrem Kurs festhält, kündigte Schulte einen nachhaltigen Kampf der Gewerkschaften für eine andere politische Mehrheit bei der Bundestagswahl 1998 an. Sein noch vor ein paar Tagen geäußertes Bekenntnis, als DGB dann offensiv für einen rot-grünen Regierungswechsel zu kämpfen, wiederholte der DGB-Chef gestern allerdings nicht. Jetzt gehe es zunächst darum, „die Bundesregierung zu einer Korrektur ihrer Politik zu bewegen“.

Kurz nach dem DGB-Chef meldete sich gestern in Düsseldorf der „Verband der Gewerkschaftsbeschäftigten“, in dem knapp 300 der rund 1.900 DGB-Beschäftigten organisiert sind, zu Wort. Dabei warfen Verbandssprecher den Gewerkschaften eine „unmenschliche Personalpolitik“ vor. Während der DGB von den Arbeitgebern verlange, im Gegenzug zu moderaten Lohnerhöhungen auf den Arbeitsplatzabbau zu verzichten, tue er im eigenen Haus das genaue Gegenteil. Auch die Umwandlung von Überstunden in neue Arbeitsplätze finde beim DGB nicht statt. Walter Jakobs

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