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Kleiner bunter Vogel

■ Die eigene Substanz aufbrauchen: Wie sich das Bulgarische Kulturinstitut Berlin in Zukunft in der Stadt behaupten will

Wenn ein Vogel klein ist, muß er bunt sein, damit man ihn sieht“, beschreibt Victor Paskov gut gelaunt die Devise seines Instituts und zieht hastig an seiner Zigarette. Seit knapp zwei Monaten ist er Direktor des Bulgarischen Kulturinstituts in der Leipziger Straße, eines von sieben in Europa und neben Wien das einzige im westlichen Ausland.

Vor sechs Jahren noch standen Paskovs Mitarbeitern die großzügigen Räumlichkeiten Unter den Linden zur Verfügung, und dort machte die Handvoll Mitarbeiter zu DDR-Zeiten ein Bombengeschäft mit kleinen Folklorepüppchen, bemalten Holztellern und rotweißen gehäkelten Deckchen. Damals war der Vogel eben noch groß und einfarbig. Durch den Andenkenramsch wurde der Budgetbeutel aber so voll, daß sich das gesamte Institut selbst unter den erschwerten wirtschaflichen Bedingungen seit der Wende noch heute komplett aus den damaligen Vorräten finanzieren kann. Sehr lange werde das Geld aber nicht mehr reichen, gesteht Paskov, doch glücklicherweise engagierten sich viele bulgarische Künstler, ohne etwas dafür zu verlangen, beispielsweise die Sopranistin Borjana Mateeva, ein festes Mitglied im Ensemble der Staatsoper Unter den Linden. Aus der Heimat erhält das Institut keinerlei Unterstützung, höchstens moralische, aber mehr ist von dort vorläufig nicht zu erwarten.

Das frühere Souvenirladen-Dasein des Kulturinstituts ist schon seit einiger Zeit vorbei. Heute will man sich tatsächlich durch die Veranstaltungen profilieren, besonders um sich gegen die zahllosen anderen Kulturinstitute in Berlin zu behaupten. Geplant ist unter anderem eine Modenschau mit futuristischen, nahtlosen Kleidern zusammen mit einer Ausstellung des Künstlers Alexander Georgiew. Im Frühjahr sollen ein Konzert der besten Berliner U-Bahn- Musiker, verschiedene Jam-Sessions mit bulgarischen und deutschen Jazzern, eine Filmreihe mit zeitgenössischen Filmen und mehrere Opernabende stattfinden. Besonders erfreut sind die Bulgaren aus der Leipziger Straße darüber, daß ihre Besucher nicht nur wie in alter Tradition aus dem Ostteil der Stadt kommen. Sogar 60 Prozent der Interessierten seien aus dem Westen, meint Paskov zufrieden. Und natürlich soll auch der Sprachunterricht weiterhin stattfinden. Zwar gibt es nur einen Anfängerkurs mit fünf Teilnehmern, aber im Vergleich zum Bulgarischkurs der Freien Universität ist er fast doppelt so groß. Dort hingegen sind sie nur zu dritt. Alessandro Peduto

Bulgarisches Kulturinstitut, Leipziger Straße 114-115

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