Die CDU will neue Kanzlerrunde

■ CDU-Klausurtagung setzt auf neue Gespräche mit Gewerkschaften und Arbeitgebern. Streit um Steuern

Bonn (taz) – Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) hatte es zuvor schon angekündigt: Auf der Klausurtagung des CDU-Vorstands und -präsidiums am Wochenende im rheinland-pfälzischen Windhagen werde es keine Beschlüsse geben. Dafür waren wohl auch die Themen – Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, Renten- und Steuerpolitik sowie die Forschungs- und Jugendpolitik – zu komplex und der Diskussionsprozeß in der CDU zu groß.

Dennoch zeigte sich der Regierungschef nach der „hervorragenden Veranstaltung“ sehr zufrieden.

Was der CDU-Generalsekretär Peter Hintze am Samstag im Konrad-Adenauer-Haus zu berichten hatte, war jedoch vergleichsweise mager: Die CDU spreche sich für eine neue Kanzlerrunde mit den Gewerkschaften und Arbeitgebern aus, um die Arbeitslosigkeit gemeinsam zu bekämpfen. Schon vor etwa einem Jahr hatte es eine solche Runde gegeben, die dann aber gescheitert war.

Hintze zufolge dürfe es auf keiner Seite „Vorbedingungen und Tabus“ geben. DGB-Chef Dieter Schulte hatte bereits am Donnerstag auf der Jahrespresseorganisation des Gewerkschaftsbundes vorsichtige Zustimmung zu einer neuen Kanzlerrunde signalisiert. Positive Signale sendeten schließlich auch die Arbeitgeber. Im Gleichklang mit seinem Kanzler wiederholte CDU-Generalsekretär Hintze in Windhagen, die CDU halte am Ziel fest, die Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 2000 zu halbieren. Die Vorträge in Windhagen hätten gezeigt, daß dies „erreichbar“ sei, wenn Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften an einem Strick zögen.

Während sich Regierung und Tarifparteien am Wochenende friedlich gaben, brach der koalitionsinterne Streit um den Solidarzuschlag erneut los. Der Forderung der FDP, die Steuer um das Jahr 2000 gänzlich zu streichen, setzte die CDU im verschneiten Windhagen eine Reihe von Bedingungen entgegen: Bevor dies geschehe, müsse man nämlich zunächst bei der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte sowie der sozialen Sicherungssysteme (also etwa der Rentenkassen) vorangekommen sein, betonte Hintze.

Streit lauert zwischen den Koalitionspartnern auch beim Thema Mehrwertsteuer. Während die CSU eine Anhebung der Steuer bei einer Reform des Steuersystems für unausweichlich hält, wollte sich die CDU in Windhagen auf eine Erhöhung nicht festlegen. Wenn Vorschläge zur Reform der Renten und der Steuern von den daran arbeitenden Kommissionen vorlägen, werde auch diese Frage in der Koalition gelöst, kündigte Hintze an. Kohl habe bekräftigt, daß es eine Erhöhung der Mehrwertsteuer in dieser Legislaturperiode nicht geben werde – und wofür die möglichen Mehreinnahmen dann benützt würden, sei auch noch offen.

Viele in der CDU wollen mit zusätzlichen Einnahmen durch die Mehrwertsteuererhöhung „versicherungsfremde Leistungen“ auf dem Arbeitsmarkt bezahlen und so die Sozialversicherungsbeiträge senken. Dagegen gibt es Widerstand in der CSU, der Partei von Bundesfinanzminister Theo Waigel, der um seinen Etat bangt. Zudem wollen einige Liberale mit den möglichen Mehreinnahmen lieber die geplante große Steuerreform finanzieren.

Kohl hatte also am Ende fast recht: Die CDU-Klausur in Windhagen hat keine Beschlüsse gebracht – dafür aber viel Zündstoff. Philipp Gessler