: Ziviler Ungehorsam
■ Bouteiller unterstützt Aufruf für die Überlebenden des Brandanschlags
„Ziviler Ungehorsam kann legitim sein“. Für diese Äußerung bezog er Prügel aus den Reihen der eigenen Partei und der Opposition, der Lübecker Bürgermeister Michael Bouteiller (SPD). Für die Umsetzung erntete er gar ein Disziplinarverfahren und eine Geldbuße in Höhe von 6.000 Mark. Nun ermutigt Bouteiller erneut zum zivilen Ungehorsam.
Denn anläßlich des Jahrestages des Lübecker Brandanschlags – der Anschlag jährt sich am 18. Januar – will der „Runde Tisch Brandanschlag auf unsere Synagoge“ ein dauerhaftes Bleiberecht für die Überlebenden erwirken. Im Lübecker Rathaus stellten VertreterInnen von Behörden, Kirchen und antirassistischen Initiativen gestern eine entsprechende Unterschriftenkampagne vor – gemeinsam mit einem der Erstunterzeichner: Bürgermeister Bouteiller.
Nur vier der Überlebenden des Brandanschlags haben bisher einen gesicherten Aufenthalt in der Bundesrepublik. Die 34 übrigen dürfen nur bis zum Ende des Strafprozesses gegen Safwan Eid bleiben. Dann laufen die Duldungen aus, ihre Abschiebung droht. Um das zu verhindern, druckte der „Runde Tisch“ 80.000 Exemplare eines Handzettels, die in den nächsten Tagen zur Unterschrift für ein Bleiberecht auffordern sollen.
Dadurch soll Druck auf das Bundes- und das Schleswig-Holsteinische Innenministerium ausgeübt werden. Landesinnenminister Eckehard Wienholtz (SPD) hatte bei seinem Bundeskollegen Manfred Kanther (CDU) bereits Aufenthaltsbefugnisse beantragt, der hatte jedoch abgelehnt. Seither erklärt sich Wienholtz für nicht mehr kompetent. Dazu Bouteiller gegenüber der taz: „Er muß was tun, und er kann was tun“ – zum Beispiel sich „engagiert bei seinen Landeskollegen dafür einsetzen, daß diese Herrn Kanther umstimmen.“ Zudem könne Wienholtz einen Aufenthalt aus humanitären Gründen verfügen.
Neben der Unterschriftenliste sollen Veranstaltungen auf das Schicksal der Flüchtlinge hinweisen. Im Foyer des Rathauses ist die Ausstellung „Flüchtlingsleben – Beispiel Lübeck“ zu sehen. Am Freitag sind eine SchülerInnendemo, ein Gedenkgottesdienst und ein Info-Abend zur Situation in Zaire geplant. Am Samstag wird ein Resümee über „Ein Jahr nach dem Brandanschlag“ gezogen. Anschließend gibt das Artemis-Quartett ein Benefiz-Konzert zugunsten der Kampagne. Und am Montag werden Kurzfilme zur Asylpraxis gezeigt. Weitere Infos sind zu erfahren unter 0451/7020748 .
Elke Spanner
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