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Wasserbetriebe wollen Bewag fluten

■ Wassermanager Bertram Wieczorek weiß nicht, wohin mit dem Geld: Erst wollte er die Gasag schlucken, nun schielt er nach der Bewag. Finanzsenatorin Fugmann-Heesing will ausländischen Investor

Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) entpuppen sich mehr und mehr als das schlagkräftigste öffentliche Unternehmen der Stadt. Nachdem der Vorstandsvorsitzende der BWB, Bertram Wieczorek, jüngst angeboten hatte, die Gasag zu kaufen, streckt der Wasserversorger jetzt die Hand nach der Bewag aus. Nach Informationen der taz werden im Hause des größten Dauerinvestors der Stadt (über eine Milliarde Mark jährlich) Szenarien für eine Beteiligung an dem Energieerzeuger Bewag durchgespielt. Das Land sucht seit längerem einen Käufer für die Bewag, um seine Haushaltskrise zu überwinden.

Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) bestätigte gestern auf Anfrage, daß er mit dem BWB- Vorsitzer Wieczorek über eine Veräußerung von Bewag-Anteilen gesprochen hat. Demnach berichtete der Wassermanager von Überlegungen, bei der Bewag einzusteigen. „Die BWB rechnet noch“, hielt Strieder nähere Auskünfte über den Planungsstand zurück. Der Senator schätzt den Vorschlag Wieczoreks als „interessante Lösung“ des in Bewegung geratenen Beteiligungsmanagements ein. Auch die BWB mochte keine Details zum Bewag-Kauf preisgeben. Der für die Geschäftspolitik zuständige Manager Michael Pohl äußerte sich aber grundsätzlich positiv: „Wenn Berlin uns auffordert, werden wir alles tun, was notwendig ist.“

Die Wasserbetriebe, die die Stadt mit Trinkwasser ver- und entsorgen, zählen zu den potentesten öffentlichen Unternehmen der Stadt. Die BWB verzeichnete 1995 einen Umsatz von 1,7 Milliarden Mark. Der Monopolist wies davon lediglich 52 Millionen Mark Gewinn aus – die Wasserwerker investieren lieber; 1,3 Milliarden Mark allein 1995, um die Kanalisation auszubauen oder Klärwerke zu modernisieren.

Mit dem Angebot, sich an der Bewag zu beteiligen, empfehlen sich die Wasserbetriebe als mögliches Kernunternehmen einer Holding, die sämtliche staatlichen Unternehmen der Daseinsvorsorge (Strom, öffentlicher Verkehr, Gas, Wasser, Hafenlogistik, Abfall) umfassen könnte. In der SPD wird dem Vorschlag „ein gewisser Charme“ zugestanden. Es sei allerdings bedauerlich, hieß es, daß die Debatte um eine vom Senat gesteuerte Holding so spät beginne.

Laut Peter Strieder müsse die „wirtschaftliche Sinnhaftigkeit“ einer Beteiligung der BWB an der Bewag geprüft werden. Es sei die Frage, sagte Strieder, „ob die Wasserbetriebe eine so wichtige Beteiligung strategisch für das Land führen kann“. Von Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) ist bekannt, daß sie die Bewag am liebsten an einen ausländischen Investor veräußern würde. Mit den chancenreichen US-amerikanischen und britischen Bewag-Interessenten Power Gen, PacifiCorp und Southern Company würden Kapital, Know-how und Arbeitsplätze in die Stadt kommen, hofft Fugmann-Heesing.

In der politischen Diskussion sind derzeit mehrere Holdingmodelle: Die Bündnisgrünen wollen damit Klimaschutz betreiben, die Gewerkschaften über einen Fonds den Haushalt sanieren und Beschäftigung sichern. Wirtschafts- Staatsekretär Dieter Ernst (CDU) votiert für eine Berlin Vermögens- Aktiengesellschaft. Christian Füller

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