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Sudan schickt Minister an die Front

■ Auf jüngste Erfolge der SPLA-Rebellen antwortet das Militärregime mit Kriegsdrohungen und Verhaftungen

Khartum (IPS/taz) – Sudans islamistisches Militärregime von General Omar al-Baschir gerät immer weiter in Bedrängnis. Die Rebellen der im Südsudan kämpfenden Sudanesischen Volksbefreiungsarmee (SPLA) haben im Osten des Landes, an der Grenze zu Äthiopien, eine zweite Front errichtet und die grenznahe Garnisonsstadt Kurmuk erobert. Gestern sagte SPLA-Sprecher Jassir Arman in der eritreischen Hauptstadt Asmara, die Rebellen marschierten nun auf den Staudamm von Al-Damasin am Blauen Nil zu, der die sudanesische Hauptstadt Khartum mit Energie versorgt. Seit Montag sind in Al-Damasin, wo normalerweise 120.000 Menschen leben, über 12.000 Flüchtlinge aus dem Kampfgebiet eingetroffen.

Die SPLA kämpft seit vielen Jahren gegen die Regierung des Sudan und schloß sich vor kurzem mit anderen Oppositionsgruppen zur Nationalen Demokratischen Allianz (NDA) zusammen. Die NDA plant den Sturz des Militärregimes durch eine Kombination von Guerillakrieg und Volksaufständen. SPLA-Führer John Garang hat angekündigt, die neue Offensive werde „mit einer Intifada in Khartum und anderen Städten konvergieren, um das Regime zu stürzen“.

Sudans Regierung hat in Reaktion darauf eine Generalmobilmachung angeordnet und die Verteidigung des Staudammes in Al-Damasin zur Priorität erklärt. Sudans Präsident al-Baschir rief am Dienstag alle Minister, Provinzgouverneure und Direktoren von Staatsfirmen auf, sich in Al-Damasin „an die Front“ zu begeben. „Sie sind die ersten, die sterben werden“, sagte er. Bisher sind zehn der 26 Provinzgouverneure in Al-Damasin eingetroffen. Der größte Rundfunksender Radio Omdurman sendet zehn Stunden am Tag Kriegslieder. Die Universitäten des Sudan sind geschlossen; Studenten werden aufgerufen, sich beim Militär zu melden.

Sudans Regierung beschuldigt Äthiopien, Eritrea und Uganda, hinter dem neuen Rebellenvorstoß zu stecken. Informationsminister Tayeb Mohammed Karar sagte am Dienstag, 6.000 äthiopische Soldaten hätten an dem Angriff auf Kurmuk teilgenommen, und beschuldigte die USA, Äthiopien 20 Millionen Dollar zur Ausführung des Angriffes gezahlt zu haben. „Das südliche Tor der arabischen Welt wird von zionistisch geführten Kräften bedroht“, erklärte das Außenministerium und rief alle arabischen Länder zur Hilfe auf. Präsident al-Baschir drohte bei einer Massenkundgebung am Dienstag in Khartum, er werde den Krieg nach Äthiopien, Eritrea und Uganda tragen. „Wir werden ihre Oppositionsführer bewaffnen“, sagte er. Im Sudan leben etwa 200.000 Äthiopier, davon viele Sympathisanten der Oromo-Befreiungsfront“ (OLF), die gegen die Regierung von Äthiopien kämpft. Kriegsflüchtlinge in Al- Damasin bestätigen die Beteiligung äthiopischer Soldaten an dem SPLA-Angriff nicht. „Die Jungs kamen vom Igassana-Volk“, sagte ein Flüchtling. „Das sind die Bewohner dieser Gegend.“

In Khartum selber hat das Regime begonnen, Oppositionspolitiker und Gewerkschaftler zu verhaften. Die unabhängige Zeitung Akhbar al-Ayoum berichtete gestern, Justizminister Abdel Basit Sabadrat habe den Sicherheitskräften befohlen, jeden zu verhaften, der der Hilfe für die Rebellen verdächtig sei, und Sondergerichte bilden lassen. Zu den etwa 30 Verhafteten gehört Sid Ahmed al- Hussein, Generalsekretär der Oppositionspartei DUP. D.J.

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