piwik no script img

Rot-Grün tricksen gegen die Union

■ Opposition will eine Debatte zur Arbeitslosigkeit im Bundestag erzwingen

Bonn (taz) – Im medialen Schaukampf ziehen Rot-Grün erstmals an einem Strang. Angesichts der Weigerung der Koalitionsfraktionen, in dieser Woche eine Debatte über die steigende Arbeitslosigkeit auf die Tagesordnung zu setzen, kündigten SPD und Bündnisgrüne gestern die „friedliche Zusammenarbeit“ in Geschäftsordnungsfragen auf. Unter Ausschöpfung parlamentarischer Tricks versuchen sie, eine Debatte über die Arbeitsmarktsituation zu erzwingen, die Union hingegen, sie zu verhindern.

Als „Riesenschweinerei“ bezeichnete der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Peter Struck, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem Kollegen von den Bündnisgrünen, Werner Schulz, daß sich die Koalition einer Debatte im Bundestag verweigere.

Die CDU habe wohl „panische Angst“ davor. Schulz erklärte das „Novum“ der gemeinsamen Pressekonferenz mit einem zunehmenden „Problemdruck“, der ein gemeinsames Vorgehen gegen diese „ignorante Regierung“ erfordere.

Hintergrund ist, daß die drei Oppositionsparteien jeweils eigene aktuelle Stunden zur Arbeitsmarktsituation beantragt hatten; die PDS für den gestrigen Mittwoch, die SPD für heute und die Grünen für morgen. SPD und Grüne verständigten sich dann aber darauf, statt zweier aktueller Stunden lieber eine gemeinsame große Debatte für den heutigen Donnerstag zu beantragen. Das aber lehnt die Koalition ab. Die SPD plant daher, durch einen Trick doch noch zu einer mehrstündigen Debatte zu kommen. Sie will es sich zunutze machen, daß laut Geschäftsordnung des Bundestages aus einer aktuellen Stunde dann eine allgemeine Debatte wird, wenn ein Mitglied des Bundesrates die Redezeit von zehn Minuten überschreitet.

Das könnte etwa der saarländische Ministerpräsident Oskar Lafontaine sein. Dieses Vorhaben wird aber die Koalition voraussichtlich durchkreuzen, indem sie mit der Mehrheit ihrer Stimmen im Bundestag die von der SPD beantragte aktuelle Stunde kippt und statt dessen eine aktuelle Stunde über die Situation in Belgrad anberaumt. Das jedenfalls bestätigte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Andreas Schmidt. Für seine Partei sei die Arbeitslosigkeit zwar auch das wichtigste Thema, sagte Schmidt. Es eigne sich aber nicht für einen parteipolitischen Streit. Der Opposition gehe es, so sein Vorwurf, allein um den Vorwahlkampf. „Der Ton wird rauher“, sagte Schmidt. Der Bündnisgrüne Werner Schulz bezeichnete die drohende Absetzung einer von der Opposition beantragten aktuellen Stunde als einen unerhörten Vorgang und kündigte für die heutige Geschäftsordnungsdebatte „Rambazamba“ an. Der parlamentarische SPD-Geschäftsführer Peter Struck drohte damit, daß Abgeordnete seiner Partei „wegen des Theaters“ die von der CSU für das Amt der Bundestags-Vizepräsidentin vorgeschlagene Michaela Geiger nicht mitwählen würden. Markus Franz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen