: Glashaus für Kohl-Geschichten
■ Architekt Ieoh Ming Pei baut die Erweiterung des Deutschen Historischen Museums als dreieckiges „Schauhaus“ mit Glashalle und Turm. Der Neubau kostet 100 Millionen Mark und soll 2001 fertig sein
Mit seiner herrischen Geste, dem amerikanischen Stararchitekten Ieoh Ming Pei den Auftrag für die Erweiterung des Deutschen Historischen Museums (DHM) zuzuschanzen, hat Bundeskanzler Helmut Kohl – schließlich geht es um die Präsentation deutscher Geschichte – wieder einmal „Fortune“ bewiesen. Nach den Plänen des 79jährigen Architekten, der die Glaspyramide im Pariser Louvre entwarf, wird auf der Rückseite des Zeughauses ein dreieckiger schnittiger Museumsbau entstehen, der sich sehen lassen kann. Zwischen das neue „Schauhaus“ mit einer Fläche von 3.000 Quadratmetern für Wechselausstellungen und das barocke DHM legt Pei eine gläserne Eingangshalle sowie einen Treppenturm.
Den Innenhof des Zeughauses überspannt der Architekt mit einer gewölbten Glaskonstruktion, so daß der Raum zu einem lichten „Wintergarten“ wird. Bei der Planung, sagte Pei gestern bei der Vorstellung des Modells, sei es ihm um den „nicht leichten Dialog“ zwischen der bestehenden historischen Architektur und dem modernen Erweiterungsbau gegangen. Der gesamte Um- und Ausbau des DHM kostet insgesamt 240 Millionen Mark, der 97 Millionen Mark teure Neubau soll nach Aussage von Bundesbauminister Klaus Töpfer 2001 fertiggestellt sein.
Das Zeughaus sowie das neue dreistöckige Museum verbindet Pei mit einer unterirdischen Eingangspassage, damit die Eigenständigkeit beider Bauten gewahrt bleibt. Außerdem soll das benachbarte „Minolgebäude“ bis Mitte 1997 für die Museumsverwaltung hergerichtet werden. Schließlich werden zwei Gebäude der angrenzenden früheren Friedrich-Engels- Kaserne saniert, um die Bibliothek, Archive und Magazine unterzubringen.
DHM-Direktor Christoph Stölzl bezeichnete den Entwurf als „spektakuläres Wunderwerk von großer Klarheit“, das auf die historischen Gebäude des 18. Jahrhunderts „modern antwortet“. Ebenfalls zufrieden zeigten sich Berlins Bausenator Jürgen Klemann und Stadtentwicklungssenator Peter Strieder. Strieder, der die Pläne „im großen und ganzen gelungen fand“, übte zugleich Kritik an dem Entwurf: Die durch die Gebäude führende Passage bilde keine offene Verbindung nach Norden. Außerdem umgebe die Auswahl des Architekten durch Kohl „ein Hauch von Monarchie“. Es sei ein Problem, wenn der Bund als Bauherr ohne öffentlichen Wettbewerb einen derartigen Auftrag direkt vergebe. In der Vergangenheit hatten die SPD, die Grünen sowie Architektenverbände gegen die Kanzler-Entscheidung protestiert.
Alice Ströver, kulturpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus, kritisierte, mit dem Bau werde ein falscher Schwerpunkt bei der Ausgabe von Bundesmitteln im Kulturbereich gesetzt. Anstatt die teuerste Museumshalle des Bundes zu bauen, sollte die öffentliche Hand besser die bestehende Kultur der Hauptstadt retten. Rolf Lautenschläger
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