: Wasserwerke ertränken Strieders Sparhaushalt
■ Wasserbetriebe wehren sich gegen die Übernahme zweier Filteranlagen. Einsparungen im Umwelthaushalt gefährdet
Das Sparziel der Umweltverwaltung für den Haushalt 1997 wird durch einen Streit mit den Berliner Wasserbetrieben (BWB) gefährdet. Die BWB weigern sich, zwei Anlagen zur Wasserreinigung zu übernehmen und die Verwaltung damit um Betriebskosten von jährlich 17 Millionen zu entlasten. Diese Entlastung aber macht ein Drittel der 52 Millionen Mark aus, die die Verwaltung von Umweltsenator Peter Strieder (SPD) laut Haushaltsplan 1997 einsparen soll, bestätigte Strieders Referent Philipp Mühlberg auf Anfrage.
Für die Übertragung der „Phosphateliminierungsanlagen“ (PEA) Tegel und Beelitzhof in die Regie der BWB sollte das „Berliner Betriebegesetz“ vom Abgeordnetenhaus geändert werden. Am Montag allerdings verweigerten die Parlamentarier des Wirtschaftsausschusses dem Senator diese Änderung. Die Abgeordneten fürchten einen teuren Prozeß gegen die in einen Eigenbetrieb umgewandelten BWB, die angekündigt haben, „alle Rechtsmittel auszuschöpfen, um eine solche Übertragung zu verhindern“. Umweltverwaltung und BWB sollten eine Verhandlungslösung finden. Die aber ist bisher gescheitert.
Für beide Seiten geht es um viel Geld. Die umstrittenen Anlagen arbeiten am Tegeler See und am Schlachtensee, um die Gewässer vor einer Überdüngung durch Phosphate zu bewahren. Umstritten ist nun ihre Funktion im juristischen Sinne: Die BWB, die sich offiziell mit Hinweis auf ein „schwebendes Verfahren“ nicht äußern, behaupten in einem Schreiben, die PEA seien „wasserrechtliche Maßnahmen“, die in der Verantwortung der Verwaltung lägen. Deshalb habe die Verwaltung bisher auch für deren Betrieb durch die BWB bezahlt.
Die Umweltverwaltung wiederum weist das in ihrem Schreiben an die Parlamentarier zurück: Besonders die Anlage in Tegel sei fast ausschließlich gebaut worden, um die Phosphateinleitungen des BWB-Klärwerks Schönerlinde aus dem Wasser zu filtern, und fungiere „de facto als nachgeschaltete Reinigungsanlage“ für das Klärwerk. Auch Beelitzhof sorgt nach Meinung der Verwaltung dafür, daß die Grunewaldseen nicht zuviel phosphathaltiges Wasser abbekommen, das erst durch die Trinkwassergewinnung der BWB dorthin geleitet werde. Die Übertragung der Anlagen an die BWB sei „ein logischer Schritt zum Verursacherprinzip“, sagte Strieder. 80 Prozent des Phosphats in Tegel kämen schließlich von den BWB.
Den Preis für eine Übernahme durch die BWB, drohten die Wasserbetriebe, zahle letzlich der Kunde: „Die Kosten würden auf den Wasserpreis mit mehr als zehn Pfennig pro Kubikmeter durchschlagen“, heißt es. Doch auch die Umweltverwaltung kann drohen: Wenn die BWB die Anlagen nicht übernehmen wollten, müßten eben die Grenzwerte für die Phosphateinleitungen aller BWB-Kläranlagen verschärft werden, schreibt die Verwaltung: Die bisherige Grenzwertregelung reiche „nicht einmal ansatzweise“ aus, um eine wirkungsvolle Entlastung der Gewässer zu erreichen.
Ein Kompromiß scheint schwierig. Zwar hat die Umweltverwaltung bereits die Kosten für den Betrieb der PEA von 17 Millionen auf 13 Millionen reduziert. Das ist aber noch weit entfernt von den „5,6 Millionen und keinen Heller mehr“, die die BWB nach Aussagen des Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses, Dietmar Staffelt (SPD), zu zahlen bereit sind.
Die Grünen haben inzwischen einen Vorschlag zur Güte gemacht: Die Wasserwerke sollten für die Phosphatreinigung in dem Verhältnis bezahlen, in dem sie die Belastung zu verantworten haben. Bernhard Pötter
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